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Montag, 7. April 2008

Einigung durch Verzicht auf "Recht haben", ohne zu sagen, daß man im Unrecht sei

Leibniz als einer der führenden Köpfe Europas seiner Zeit war einer der treibenden Männer hinter dem Ende des 17. Jahrhunderts noch sehr warmen Wunsche aller, die protestantischen und die katholische Kirche wieder zu vereinen. Und es kam nahezu zu einer solchen Einigung!

Und zwar nicht so sehr, weil die dogmatischen (sprich: philosophischen und dadurch theologischen) Ansätze so vereint waren. Die waren zwischen Calvinisten und Lutheranern im übrigen weit gravierender empfunden als zwischen Lutheranern und Katholiken. Man sah diese Differenzen im Rahmen der Auffassungsunterschiede innerhalb der katholischen Kirche selbst.
Doch war der die Einigung schon fast formal abschließende Gedanke der, daß die Eingliederung in ein und dieselbe Körperschaft aus einer gewissen "Selbstformierungskraft der Gestalt" auch die Unterschiede in den Lehrmeinungen substantiell überwinden helfen würde.

Daß also die "zweite Natur", die formende Kraft der gemeinsamen Sitte, wieder eins machen würde, was die reine Kraft der Gedanken, ja die Entelechie der Worte selbst, auseinandertrieb.

Auch Leibniz verzichtete also - wie die katholischen Unterhändler (im Namen des Kaisers wie des Papstes übrigens) - auf die formelle Anerkennung des Umstandes, daß "sie im Recht seien"! Sondern überantworteten dieses "Recht haben" (denn natürlich: es war auch nicht möglich, daß "beide" im Recht waren, das war allen klar) der "purifizierenden Wirkung der von göttlicher Kraft durchwobenen Gestalt der Kirche." Ohne auch nur im Geringsten zuzugeben, daß sie im Unrecht waren.

Das macht auch deutlich, welche Bedeutung man der Aufhebung des wechselseitigen Bannes beimaß, und wie wichtig die Anerkennung der jeweiligen Eucharistie - mit Zulassung des jeweils anderen zum Gottesdienst, der "Interkommunion" - war. Ein für Protestanten eigentlich bemerkenswerter Schritt, weil diese gemeinsame Basis, zu der man nach langen Verhandlungen bereits gefunden hatte, für die Protestanten bereits ein gewaltiges Abweichen von ihren (impliziten, damals noch bei weitem nicht so herausgearbeiteten) philosophischen Grundsätzen. (Erst im Laufe der Jahrhunderte - unter anderem sei der Name Bultmann genannt - bildete sich aus der protestantischen Orthopraxie auch eine dezidierte protestantische Orthodoxie!)

Eine Haltung, die weit mehr als Synkretismus oder Relativismus war, den beide niemals für gut geheißen hätten.

Damals schmerzte die Trennung nämlich interessanterweise und offensichtlich noch weit mehr als heute. Die (allmählich) so klare Trennung entpuppte sich zudem mehr und mehr als politisch und von außen motiviert. So kann man heute eine grundsätzliche Differenz ausmachen, die zwar anfänglich in nucleo enthalten gewesen war, sich aber unter Umständen und durch andere Politik nie so kräftig heraus- und sogar wieder zurückgebildet hätte - sodaß eine Vereinigung zu EINER christlichen Kirche damals zumindest noch viel leichter möglich gewesen wäre.

Einen sehr ähnlichen Weg nahm ja auch die Geschichte des großen abendländischen Schismas Roms - Konstantinopels, das allem Anschein nach ebenfalls maßgeblich durch politisch ungeschicktes Verhalten das wurde, was es heute ist. Auch hier waren ja theologisch-philosophisch die Differenzen (zuletzt von Thomas von Aquin im 13. Jahrhundert) quasi beigelegt. Theoretisch ...



*070408*