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Samstag, 26. Juli 2008

Fin de siècle

"Würde man mich fragen, was das bestimmendste Lebensgefühl der jüngeren Vergangenheit war, ja des ganzen 20. Jahrhunderts, so würde ich sagen: Die Angst, daß morgen nicht mehr geht, was heute noch geht; weshalb ich heute - und wenn es unvollkommen ist - alles ausreize, weil es morgen nicht mehr möglich sein könnte. Das ist die eigentliche Zukunftsangst, der ein Verhindernmüssen der Zukunft zugrunde liegt, das mit jedem Tag stärker notwendig wird: weil die Folgen mit jedem Tag schrecklicher werden könnten. Weil die Welt TROTZ ALLEM einfach so weiterzugehen scheint.

Daraus steigt etwas wie ein Zweifel an der Gerechtigkeit des Seins, Gottes: Warum läßt er einfach alles weiterlaufen? Das ist der eigentliche Grund für die heutige Abkehr von den Kirchen. Der Mensch glaubt eher an die Gerechtigkeit der Geschichte - als an eine Religion.

Daher kommt die Ungeduld unserer Jugend. Denn sie erfaßt das Gerechtigkeitssystem der Alten, und ein solches ist jede Religion, als im Zwiespalt mit dem, was sie selbst als Gesetz der Welt erleben. Sie erlebt Geduld und Tugend als Widerspruch zum aus eigenem Erleben Erwarteten. Sie versteht nicht, daß was sie tut keine greifbaren Folgen hat. Ein Universum aber, das nicht gerecht ist, ist sinnlos."

(Roger Atlantov)





*260708*