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Samstag, 3. Januar 2009

Ursache war nicht eine vergessene soziale Komponente

Etwas gefällt mir an der Stellungnahme des Freiburger Erzbischofs Robert Zollitsch, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, der mit einfachen Worten einen Kern des Problems aufzeigt: Der Hinweis darauf, daß sich kein Mensch überlegt hat, woher denn die versprochenen, erwarteten Gewinne kommen sollen, mit denen angeblich die Zukunft abzusichern wäre. Daß es aber jede Menge Narren gab, die allen Ernstes an ein mathematisches Wachstum ad infinitum glaubten und (das ist ja der Kern!) ein ganzes Wirtschaftssystem auf dieser Annahme aufrichteten.

Und die sich nach wie vor nicht hinterfragen, ob an ihren Denkmodellen etwas grundsätzlich nicht stimmen könnte. Nein, dieselben Denkmodelle und Masken werden bestenfalls stromlinienförmiger gemacht, im Windkanal "Öffentlichkeit und Autorität" (sprich: Identität) kam es ja zu Turbulenzen! Also wird rasch auch diese Krise zur "die weltweite Finanzkrise" mythologisiert, wird ihr ein selbständiger Körper gegeben, auf daß sich dieselben Versager an ihren Plätzen halten und nun mitten in der Schar der Krisenbekämpfer auftauchen, die sie durch intellektuelles Versagen mit verursacht haben: da ist sie, die Krise, bekämpfen wir gemeinsam das Ungeheuer aus der Unterwelt!

Das Geschehen 2008 auf den weltweiten Finanzmärkten war schlicht widervernünftig, das ist der Kern. Und das erwähnt EB Zollitsch leider nicht, sondern er spielt wieder die scheinbar leichtere Moralbande, kick und - mal sehen, wo der Ball letztlich landet, Moral klingt immer gut ...

Es war eben nicht das Scheitern des Neo-Liberalismus oder sonst eines -ismus, es war auch nicht ein vergessenes soziales Gewissen, so daß man hätte sagen können: MIT diesem wäre alles gut gewesen, alles lag ja nur an einer fehlenden (positivistischen) Moralität der Beteiligten.

Sondern es war die Kapitulation des Verstandes vor einer Mentalität, die jeden Bezug zu Realitäten verloren hat und Folge einer Wohlstandsideologie ist, die die Menschen - und das schon eine ganze Generation lang - jeden Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung verlieren hat lassen. Ein irreales Lebensgefühl, das in diesen Breiten vorherrscht, wankte jetzt erstmals beträchtlich, die Wirklichkeit meldete sich zurück, durch alle Nebel, die gar niemand mehr durchdringen wollte.

"Schnell noch diese Beute gemacht, und noch eine, und noch eine ... und dann rasch die Tür zu, hinter uns die Sintflut ..." Einmal freilich ist man einfach nicht rasch genug, aber das nimmt man in Kauf. Auch jetzt noch. Weltweit wird längst an einer weiteren Vernebelungsmaschine gebaut.

Ich weiß, ich spinne da vor mich hin, aber ... mich würde keineswegs wundern, wenn irgendwo, auf einer Parteihochschule der Chinesischen Kommunistischen Partei, in tiefster Provinz, die Sektkorken zum messerscharf gedachten Strategiewechsel knallten. Zu auffällig ist die Deckungsgleichheit der gesellschaftlichen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte in Mao's Schriften vorgezeichnet. Mittlerweile verstaatlicht sich der Kapitalismus nämlich selbst - über die Allmacht des Proletariats, das bei Gefährdung des Wohlstands zur Bestie würde. Man mußte das System über seine Schwächen nur hochkochen! Die Finanzmittel dazu hat China nämlich. Es ist seit Jahren weltweit der größte Investor. Und was soll China passieren? Daß der Kapitalismus endgültig zusammenbricht? Dreimal gelacht.

Gut, weit gegriffen, ich weiß. Diese Vernebelung der Geister war und ist aber in jedem Fall - und diese These paßt mit Gewißheit - Folge einer ideologisch-politischen Maßnahme des Zerreißens aller Zusammenhänge von Ursache und Wirkung, und diese politische Naivität, deren bösartiges Gesicht einmal auch für Wohlstandsbäuche bedrohlich (aber noch nicht mehr) wurde, dominiert nach wie vor. Denn nur wer Ursachen von Wirkungen (in falschen Theorien) trennt, kann sie politisch zur Bekämpfung freigeben.

Dies betrifft weltweit die Grundlagen des Menschseins (nach dem Mechanismus, dem Subjektivismus der Entwertung der Gestalten über die Geschlechterfrage zur Gottesfrage), indem man auf diesem Weg die Existentialität des Menschen zu manipulieren sucht. Die Ausweglosigkeit, in die man den heutigen Menschen hineinmanövriert, ist ganz klar absehbar, und wird sich in gewaltiger Irrationalität Luft verschaffen. Das kann gar nicht anders sein.

Aber nun EB Zollitsch - wobei: Was mir an seiner Stellungnahme ebenfalls nicht gefällt sind diese "flinken Vertreterbeine": als wollte die Kirche nun rasch den Fuß in die Tür kriegen. Das war auch im Wirtschaftsgeschehen verräterisch.

... Der Neoliberalismus sei an seine Grenzen gestoßen und in seiner radikalsten Ausformung in den USA bereits am Ende angekommen. Ein Kapitalismus, der allein auf Wachstum setze und die soziale Komponente vergesse, sei zum Scheitern verurteilt. „Wenn ich Geld anlege und hoffe 15 oder 25 Prozent Gewinn zu machen, dann muss ich mich fragen, woher der Gewinn kommen soll. Den muss ein anderer bezahlen. Diese Gier ist so ins Maßlose getrieben worden, dass wir jetzt diesen gewaltigen Einbruch erleben“, sagte der Freiburger Erzbischof.

„Es waren ja nicht nur die Manager, die große Gewinne machen wollten. Es hat sich ja auch die breite Bevölkerung darauf eingelassen, daß man tatsächlich 15 oder 25 Prozent Gewinn machen könnte: Die Gier ist eine Untugend und eine der Hauptsünden, die nun die breite Bevölkerung erfasst hat. Darum ist es wichtig, dass wir uns alle gemeinsam besinnen und nicht nur darauf aus sind, möglichst viel Gewinn zu machen, sondern dabei auch immer an die anderen denken.”

Es sei wichtig zur Besinnung zu kommen und zu der Erkenntnis: „Geld ist nicht alles, die Vermehrung des Gewinns ist nicht alles“. Im Blick auf die Krise der Banken sieht Zollitsch das große Problem darin, dass keine Bank der anderen Bank mehr Geld ausleihe. Das bedeute, dass das Vertrauen zerstört sei. Inzwischen hätten auch Banker begriffen, dass Management allein nicht ausreiche, sondern Glauben und Vertrauen die Basis soliden Wirtschaftens sei.




*030109*