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Mittwoch, 22. April 2009

Revolutionen aus Langeweile

Ob nicht alle Revolutionen und Umstürze von jenen Schichten initiiert werden, die man am umfassendsten mit "gelangweilte Wohlstandsbürger", manchmal auch mit Boheme, bezeichnen könnte.

Jede Geschichtsinterpretation unterliegt ja einer Sicht der Dinge, ist eine Ordnung von Fakten unter dem Gesichtspunkt einer jeweils vermeinten Ursache-/Wirkungsverkettung. Am massivsten erfolgte solche Geschichtsverklitterung immer durch Veränderungsabsichten (damit solche werdende:) politischer Kräfte und Ideologen.

Das trifft nicht nur auf Rußland 1917 zu, sondern fiel mir erneut auf, als ich Bemerkungen von David Kelly und, als zweite Meinung, Bernard Fay zur Französischen Revolution las. Beide sind der Ansicht, daß die Französische Revolution von der Rebellion des (degenerierten) Adels ausgelöst wurde, sofern man überhaupt von einem einheitlichen, überschaubaren Geschehen sprechen kann (Fay in "Die große Revolution 1715 - 1815") Fay geht davon aus, daß man um dieses Geschehen zu begreifen, das ganze Jahrhundert - von Ludwig XIV. und Richelieu an - in seiner Gesamtbewegung sehen muß.

Keineswegs aber handelt es sich um eine "soziale Revolte" - nachweislich war der allgemeine Wohlstand, jener der Bauern, um 1789 so hoch wie kaum je zuvor. Da war es noch weit eher denn eine soziale Bewegung, eben ein Versuch des Adels, den König zu stürzen, der seine Macht beschnitt: Lediglich als Revolte gegen die Autorität aus jeweils verschiedensten Ursachen einte er die Revolutionäre. Ihr Zusammenwirken war einer jahrzehntelangen Wühlarbeit im öffentlichen Bewußtsein weit direkter vergleichbar als einer gezielten politischen Arbeit. Der (ungeliebte) König Ludwig XVI. samt seiner (noch ungeliebteren, auch dem König gegenüber kontraproduktiven) Frau war schließlich allen gemeinsamer Feind.

Interessanterweise finden sich parallele Entwicklungen in mehreren europäischen Ländern, unter anderem in Portugal.




*220409*