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Freitag, 1. Mai 2009

Vergessene Propheten

Rasch hatten sie ihre Schuldigen, ihre Sündenböcke, die man mit aller Schuld belud und in die Wüste trieb. Die Manager, die Führungskräfte, die Chefs, die Anlageberater, die anderen Banken, die Regierenden, die Minister, vor allem aber: die Reichen. Die sollen zahlen, die haben ja alles gestohlen. (Da kommen Blitzableiter wie Julius Meinl, oder Graf Mensdorf-Pouilly, wie gerufen, wie politisch bestellt: perfekte Dramaturgie! Ich teile übrigens das Lachen des 5. Meinl, mit dem eigentlich Stimmung gegen ihn gemacht werden soll ... )

Denn alles gehört allen, ein paar nehmen es diesen Allen nur weg. Nur das meine - das ist mir. Das eigene Unglück ist nämlich immer von anderen verschuldet, deren Glück unverdient; das eigene Glück hoch verdient, das Unglück der anderen allemal.

Und die Gewerkschaften schlagen Kleingeld aus der Lage und fordern, die Pensionistenvertreter nützen die Chancen, sich zu profilieren, und daß die Beamten schweigen, kann nur ein Versehen sein. Endlich kann man wieder mit der Gier das Massen arbeiten, Unzufriedenheit und Begehrlichkeiten schüren, damit hat es sich immer leicht politisiert.

Während die beamtete Wohltätigkeit mit dem Geld anderer Hochkonjunktur feiert - die Caritas (und weitere kirchliche Stimmen) hat noch immer viel zu verteilen und soziale Gerechtigkeiten zu fordern. (Aber wann haben die in den letzten dreißig Jahren auch nur irgendetwas kapiert?)

Denn den Wohlstand, den haben ja wir uns erarbeitet, nicht wahr? Unseren Wohlstand. Und wir wollen ihn halten, auf alle Fälle, er gehört uns allen, alles gehört uns. Auch um den Preis des Verlusts der Freiheit des Wirtschaftens. Wen kratzt das?

Daß unser System der Schulden, mit dem wir seit dreißig Jahren unseren Wohlstand regelrecht gestohlen haben, der Zukunft herausgerissen, das ist zu unangenehm, um wahr zu sein.

Aber es gab sie, die Vorhersagen. So vieles, wenn nicht alles, was vorhersehbar. Nur nicht populär.

Heinz Pentzlin zum Beispiel hat Prognosen gemacht, lange Jahre leitender Redakteur der WELT. 1962 in seinem Buch "Was kostet der Wohlstand?" Was kostet das sogenannte Wirtschaftswunder?

All die soziokulturellen Veränderungen, die gesunde wirtschaftliche, kulturelle Strukturen zerstören, die Herrschaft der Zahlen mit völlig überschätztem Rang der Betriebswissenschaften, die Getriebenheiten - alles war vorhersehbar. Aber noch etwas, über die zunehmende Umbildung der Wirtschaft auf Etatismus (Staats-Plan-Wirtschaft), dem Streben nach wie dem Geworfenwerden auf staatliche Abhängigkeit und Versorgung immer weiterer gesellschaftlicher Schichten, wird unsere Gesellschaft den sozialistischen Systemen angeglichen werden.

Und das ist mehr als ein Schlagwort. Der Preis des (dieses "unseres") Wohlstands war für Pentzlin vorhersehbar: er heißt Freiheit.

Antonio della Caraffa hat es 1989 so formuliert: "Der Osten hat die Mauer nicht mehr gebraucht. Die Gesellschaften zu vereinen war reif, weil der Westen erfolgreich angeglichen, zugleich fallibel genug war, nun den Osten auch materiell aufheben zu müssen. Die Mauer fiel nicht nach Westen, sie fiel nach Osten."




*010509*