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Dienstag, 2. Juni 2009

Grundsätze künstlerischen Schaffens

"Dieses Gut-Machen, dieses Arbeiten mit reinstem Gewissen, war alles. Ein Ding nachformen, das hieß: über jede Stelle gegangen sein, nichts verschwiegen, nichts übersehen, nirgends betrogen zu haben; [...] erst dann war ein Ding da, erst dann war es Insel, überall abgelöst von dem Kontinent des Ungewissen. [...] Der Schaffende hat nicht das Recht, zu wählen. Seine Arbeit muß von gleichmäßigem Gehorsam durchdrungen sein. Uneröffnet gleichsam, wie Anvertrautes, müssen die Formen durch seine Finger gehen, um rein und heil in seinem Werke zu sein."

Was Rilke in einem Vortrag über Auguste Rodin sagt, gilt völlig unverändert für jede Kunst: die Arbeit an einer Rolle als Schauspieler, die Arbeit an einem Text, an einem Lied. Nur dem Selbstbeherrschten, dem sich in allen Fasern Besitzenden, ist es möglich an jenen Punkt zu kommen, wo aus dieser Tugend des Meisterlichen heraus jede Faser des Tuns Vollzugsmoment des Gehorsams dem Geheimnis des Lebens gegenüber wird. Hier wird man abgeholt vom Wissen, daß hohe Kunst nur dem Könner gelingen kann, und daß die Kunstübung sich im Tun auf das Ziel der Vollkommenheit hin alleine wirklicht. Wo Kunst seinen Gradmesser in der Hingabe des Künstlers an die Kunst hat, der auf diese Insel abstößt, die alles Seiende erst es selbst sein läßt.





*020609*