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Freitag, 24. Juli 2009

Heiliges Eigentum

Die uns extrem erscheinen mögende rechtliche Stellung des Eigentums bei den Römern führt sich offenbar bereits auf die Weltsicht der Etrusker zurück. Ihnen war nichts in dieser Welt zufällig, der Mensch, alles Geschehen eingebunden in ein gigantisches Räderwerk, dem (in ihrer Weltsicht) der Mensch eigentlich hilflos ausgeliefert war. Wo immer er sich gegen den Willen der Götter stellte - bereits bei den Etruskern: ein außerordentlich ausgebautes und enorm wichtiges System der Auspizien, der Vorhersage - war sein Handeln zum Scheitern verurteilt.

Die Götter aber hatten natürlich auch die Welt, alle Dinge, in einer strengen Ordnung gedacht und bestimmt, und so war es ein hoch sensibles, entscheidendes Vorgehen, Grund und Boden - und von dort ausgehend alles, was der Entfaltung des Menschen diente, also auch die Dinge (siehe dazu: Adam Müller's Gedanken über die "Gleichstellung von Person und Sache") - aufzuteilen. Diese Teilung war, als grundlegende Verfügung der Götter mit dem Erdkreis, heilig! Der Mensch hat sich dann nach dem Eigentum, seinem Grund und Boden, seinem Bezirk innerhalb der Erde, definiert - nicht umgekehrt. Seine Identität nahm von dort ihren Ausgang - vom Äußeren, vom Staat, und dann vom "Haus" und dem Hausherrn. Bei den Etruskern ging dies ja bis zum Matriarchat: denn das Bleibende war ihnen (oder: ist, denn sie entscheiden auch heute über die Dauer allen Geschöpflichen, das in ihrer Hand liegt) die Frau, der persönlichkeitslose, allgemeine Familienstamm.

Das ging so weit, daß Eigentum untrennbar von der Familie war - wurde es getrennt verlor es ja einen essentiellen Teil seiner selbst! Eigentum war nicht "an sich" da, sondern immer "für jemanden." Es definiert sich in seinem "Nutzwert", der immer ein ganz spezieller "Nutzwert für" ist, es ist also immer personenbezüglich. (Wieder ein Hinweis auf Müller: weil Sachen, Dinge, quasi nach außen gelagerte Teile der Person seien, die zu seiner Lebenswirklichung essentiell wären, würden sie sogar zu Teilen der Persönlichkeit, also sei ihnen auch entsprechender rechtlicher Rang zuzukommen.)

Somit war Eigentum heilig, und es zu verletzen - im Diebstahl, aber auch in der Vernachlässigung - war ein erdkreiserschütterndes Sakrileg. (Samt dem Recht für den Bestohlenen, den Dieb augenblicklich umzubringen.) Der Mensch war von seinem ihm zugewiesenen Ort auf dieser Erde nicht denkbar, und nie zu trennen! Darauf baut dann alles weiter ausdifferenzierte Eigentumsrecht auf.

Im Grunde: bis zum heutigen Tag. Denn in Wahrheit läßt sich kein Eigentumsbegriff verteidigen, wenn er nicht religiös - Gabe Gottes - begründet ist. Wir glauben nur, daß das anders sein könnte, weil wir uns so leichter im Gewissen betrügen können.




*240709*