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Montag, 21. Dezember 2009

Nicht altern - nur sterben

Rudolf Borchardt über Hugo von Hofmannsthal:

"Er konnte nicht altern, nur sterben. Er wußte es von seinen Knabentagen an: er hat als sittlicher Mensch um das Recht des Alterns gerungen, aber das Schicksal, dem er die Weigerung des Lebenskerns im Leben, des wandelnden Erlebnisses, mit so erschütternder Klage abzudringen begehrte, gab  ihm zu seiner Zeit, was es seinen Lieblingen nur scheinbar vorenthält: alle Freuden, alle Leiden - für Leben Unsterblichkeit, für Tod das einzige Erlebnis, das ihn ins Herz traf, den Untergang Österreichs.

[Denn] Seit er das Vaterland verloren hatte, war etwas von ihm 'mit der Welt nicht mehr fest verbunden'" [...] Wenn der Roman geschrieben worden wäre, mit dem er  sich trug [...] so hätte er hier vielleicht, von diesem festen Lebenspunkte aus, durch den seine Schlagader lief, das zentrale Weltgericht erbauen können, das sich immer auf Prophetenfittichen über weltgeschichtlichen Ruinen erhebt, um der triumphierenden Entartung den Spiegel der Vorzeit ins Gesicht zu halten. 

Nun blieb seine alte Formel, Tod aus Leben, Leben aus Tod, beides in beidem, Lebenlosigkeit, Todlosigkeit, Unsterblichkeit, eine leichte nahrungslose Luft aus dem dünnen Glanze der Sterne gemischt [...]"




*211209*