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Montag, 14. Dezember 2009

Unwahre Figuren als Problem

Für den Schauspieler ist eine unwahre Figur das wohl größte Problem, für das es keine kunstgerechte Lösung gibt - nur technische Umsetzung, die aber dem Berufsethos in Wahrheit widerspricht.

Oft findet sich dies gar bei älteren, "klassischen" Stücken des Bühnenrepertoires - und bei größten Klassikern gibt es immer wieder Figuren, deren Wahrheit man bezweifeln kann und sogar muß. Die nicht exakt genug gearbeitet sind.

Das hat auch simpelste Gründe. Wie bei Shakespeare. Im Laufe der Aufführungsgeschichte haben sich viele Figuren nach Bühnenwirksamkeit und jeweiliger Einschätzung schlicht verändert. So finden sich Hinzufügungen, die rein nach Gesichtspunkten der Publikumsreaktion dazukamen, und uns längst sogar bekannt, ja berühmt (Ophelia, Laertes!), aber nicht nur nicht originär, sondern undichterisch und unwahr sind.

Speziell zu Shakespeare meint deshalb Paul Ernst einmal, daß seine Stücke heute gerade deshalb aber so stark wirken, seine Figuren gerade deshalb oft einen eigenen (und im Vergleich zur "Urfassung" ganz neuen) Glanz hätten, weil sie ... Ruinen sind, und der Zuschauer genau denselben Genuß daraus zieht, als blickte er auf eine Bauruine aus der Antike.

Ob aber solch ein Fall vorliegt, kann wiederum nur ein Dichter (nicht einmal der Regisseur) beurteilen, schon gar wenn es um Arbeitsprobleme des (ursprünglichen) Dichters geht. Denn für den Schauspieler muß eine Rolle immer zuerst "wahr" sein, ist ihm nicht Nachvollziehbares zuerst zwingende Aufforderung, sich vom Dichter an der Hand nehmen zu lassen, um das weite Land der menschlichen Landschaft weiter kennenzulernen. Aber manche Probleme, die sich nicht in der Probenarbeit beheben, sind auf genannte Tatsache zurückzuführen.



*141209*