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Mittwoch, 17. Februar 2010

Des Klimas wegen

"Des Klimas zuliebe" habe gestern, so schreibt (alles damit alleine schon aussagend) der Kurier, Barack Obama den weiteren forcierten Ausbau der Atomkraft in den USA angekündigt. Mit staatlichen Kreditgarantien von vierundfünfzig Milliarden Dollar solle der Energiewirtschaft auf die Sprünge geholfen, die Anzahl der Atomkraftwerke kräftig erhöht werden. Dreißig Jahre lang wurde in den USA auf den Bau neuer Atomkraftwerke verzichtet. 

Damit treibt er geistige Bewegungen der letzten Jahrzehnte definitiv auf die Spitze, und die Grünen und Öko-Freaks und sämtliche weitere Weltretter in eine klassische Deperzeptions-Deperzeptions - Situation. Mit einem klassischen Sieg schlimmster kapitalistischer Betonköpfe. Möglicherweise.

Zur Erinnerung: die Anti-Atomkraft-Bewegung hat in den 1970er-/1980er Jahren die typisch linksgerichteten Protestbewegungen der 1968er mit ökologisch orientierten bürgerlichen Motiven und Absichten, in denen gleichfalls eine nicht unbeträchtliche Zivilisationsmüdigkeit mitschwang und -schwingt, verschmolzen beziehungsweise als scheinbar gemeinsamer Nenner Allianzen gebildet. Aus denen letztlich sämtliche heute bekannten Grünbewegungen hervorgingen. Die Linke hat politisch hier äußerst geschickt agiert, und erneut bewiesen, wie konsequent sie aufgrund des Auflösens alles Menschlichen in Politik - politisch aktualistisch (!) zu handeln vermag. Jede bürgerliche Bewegung hingegen, die ihrem Wesen nach konservativ ist (man lese Marx selber!), hat den Mangel genau solchen politischen Defraudantentums, wird sofort von den Linken zur technischen, utilitaristischen Bewegung isoliert, und - wurzellos - als Pferd benutzt. Und dies, obwohl die Linke (Grüne) eine pure technizistische Bewegung ist (die das vertuscht, indem sie die Technik auch auf zwischenmenschliche Bereiche ausdehnt), und sich somit in direktem Widerspruch zur Rebellion gegen die Moderne befindet.

Die Grünen enthielten ja am Anfang (überall als Koalition, als Wahlbündnis gegründet) noch jeweils klare bürgerliche Flügel, die aber sehr bald, in Österreich wie in Deutschland, von den Linken regelrecht usurpiert und schließlich "demokratisch" linksgewaschen (ein Vorgang, gegen den die abendländische Kultur bis heute kein Gegenrezept fand und findet) und als Bewegung vernichtet wurden. Um - wie in Erinnerungsprozessen - dann wieder, als bibliothekal einverleibte Gedanken zur pragmatischen, politisch-moderaten Verhaltensweise mutiert, bemerkenswerte Auferstehung zu feiern, wenn es um Regierungsbeteiligungen, um Macht ging.

Atomkraftwerke, und in ihnen die Energiefrage (denn umgekehrt war es niemandem Widerspruch, wenn die riesigen Aufkleber mit "Atomkraft - NEIN danke!" am desolaten, qualmenden, benzinfressenden Abgasfurzer  klebten), spielten ursprünglich die Rolle des Schlüsselreizes, des identifikationsspendenden Aufhängers, samt irrationalen und religiös zu nennenden Anklängen: als dem Menschen langfristig und vor dem Hintergrund seiner Fehlbarkeit unbeherrschbare Technik, deren Versagen nur eine Frage der Zeit und (mit der Anzahl der Atomkraftwerke der Wahrscheinlichkeit, und damit gewiß) ist. Es ist kein menschliches Maß - und hier trifft noch dazu das Wort "global" wirklich zu, denn die Gefahren jedes Atomkraftwerkes sind in jedem Fall von überregionaler, internationaler, globaler Relevanz - mit Latenzzeiten von Gefahren zu rechnen, die sich sogar über Jahrtausende erstrecken, deren Risikotoleranz aber NULL sein muß, weil die Folgen in jedem Fall unabsehbar sind. Nicht nur Tschernobyl, Harrisburg (etc. etc.!) sollte das gelehrt haben (noch heute sind die Waldböden in Schweden oder Bayern radioaktiv übernormal), sondern jeder Laienmathematiker eines ISO 9000 Qualitätssicherheitssystems kann errechnen, daß es keine NULL-Risiko-Rechnung bei menschlicher Leistung (und auch Technik ist eine solche, schon gar anorganisches Material, wie in Rohren etc.) gibt! Sodaß sich bei komplexen Vorgängen überhaupt, selbst "nicht" vorhandene Risiken (die immer bei Menschen: "diesmal nicht" sind) zu Prozenten potenzieren.

Denn nicht zuletzt bringt die Atomkraft in den nicht wirklich zu beseitigenden, sondern nur in Verstecken (sic!) abzulagernden Uranbrennstäben für tausende von Jahren bestehende sehr reale Gefahren mit sich. Denn über solche Zeiträume sichere Verwahrung und Abschließung, gegen Kriege, gegen geologische bzw. naturimmanente Gefahren zu "gewährleisten", ist schlicht unmöglich, und solche Prognosen (auch für Materialien) zu treffen unverantwortlich. Und wer die Geschichte der Menschheit auch noch her nimmt: wahrhaftig absurde Annahme. AKWs sind somit nicht unberechtigt Symbole, wenn nicht Zeichen des technischen Wahns unserer Zivilisation geworden.

Atomkraft ist gesamt betrachtet - und das perfide Spiel mit Menschen, die zu kalkulierbaren Lateralschäden werden, außer Acht gelassen -  sohin nur dann auch "wirtschaftlich" sinnvoll zu nutzen, schon gar bezogen auf die derzeitige Rolle von Energiekosten im Rahmen der Volkswirtschaften (deren Maß von natürlichen Ressourcen stammt, beginnend bei Kohle, die den grundlegenden Takt für die Industrialisierung vorgab, bis zum Öl), wenn ihre direkt verursachten Kosten nicht in den momentanen Preis umgelegt, sondern auf Jahrtausende in die Zukunft hinein umgewälzt werden. Ein Verfahren, das wir zwar heute (und gerade in den Grundlagen unseres Lebens) längst gewöhnt, das aber nichts desto weniger, ja genau deshalb so fatal ist: wir entschulden uns mit einer Zukunft, die uns nicht nur noch weniger gehört als die Gegenwart, sondern die wir noch dazu selbst mit Problemen belasten, die wir selbst gar nicht lösen können ...

Atomkraft lag und liegt damit in jeder Hinsicht in gesamtkulturelle Bewegungen eingebettet, deren weitere da heißt: "Atomisierung" der menschlichen Kultur, Zertrümmerung natürlicher Einheiten durch zur Technik kristallisierten, "machbaren" Schöpfungssimulation, als transzendierte, sich selbst übersteigende Natur) absolut im Trend der Zeit, die über (vor allem linke) Ideologien volkswirtschaftlich gesehen immer künstlichere, von wirklicher, realer Wertschöpfung abgekoppelte Strukturen schuf, die ihre wahren Kosten weit in die Zukunft schiebt, künftigen Generationen auferlegt. Der Materialismus, der sich somit als gemeinsame Wurzel von Kapitalismus (fälschlich und in täuscherischer Absicht in eins gesetzt mit "freiem Wirtschaften", dessen entmenschte Perversion er ist, schon gar weil er ein politisch initiiertes Volksphänomen ist, und eben genau nicht im Ursprung Phänomen weniger "Reicher") wie Marxismus entpuppt, beide im letztlich selben Ziel eint, wie aus derselben geistigen Quelle gespeist entlarvt, hat sohin seine materialistische Form der Transzendenz gewirklicht - indem er das geschichtliche Hiersein in ein mythologisches Kontinuum stellt, das für den Ausgleich gegenwärtiger Daseinsbewältigungskraft sowie fehlender ethisch-moralischer Begründung sorgt.

Noch ein Wort aber zur Klimaerwärmung: es war bereits in den 1980er Jahren das Argument im Umlauf, daß der enorme Wasserbedarf von Atomkraftwerken - zu Kühlzwecken - eine Erhöhung der Durchschnittstemperaturen der Flüsse und Ströme, und damit unabsehbare Auswirkungen auf Kleinklimata, sowie die Tier- und Pflanzenwelt  habe.

Neben der Frage, wieweit ihre Herstellung selbst - in der Atomzertrümmerung - überhaupt ethisch vertretbar ist. Die Aggressivität und Gefährlichkeit der Rückstände dieser Prozesse, nicht zuletzt an der nackten Häßlichkeit der technischen Gebilde der Atomkraftwerke selbst ablesbar, spricht dabei für sich, so daß sogar formulierbar sein könnte, daß "friedliche" Nutzung der Atomkraft in jedem Fall zur Atombombe führe, es ist nur eine Frage der Zeit. (Bild: Atomkraftwerke in Euopa)

In jedem Fall zeigt sich nun endgültig ein Geschehen, das als Muster verdächtig klar die Weltrettungs- und Umwelthysterien der letzten Jahre und Jahrzehnte auf einen Punkt zusammenführt, der Gesteuertheit sämtlicher dieser Vorgänge und Bewußtseinsbildungsprozesse als schauderlich erhellende Hypothese aufscheinen läßt. Als PR-Langzeit-Projekte der äußerst kapitalkräftigen Energiewirtschaft, als "geniale" Marketingstrategien, mit größenwahnsinnigen Einzelspielern wie Al Gore, die ihren bereits einmal frustrierten Allmachtswahn nun auf diese Weise ausleben und endlich ihre Triumphe feiern.