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Mittwoch, 24. März 2010

Denken ist Ironie

"Mit all dem habe ich nichts getan als ein Theorem entworfen. Theoreme sind erdachte Figuren, die wir mit Linien von geometrischer Reinheit ausarbeiten. Aber die Wirklichkeit stimmt niemals mit diesen Theoremen überein. Und trotzdem gibt es kein anderes Mittel, sie zu verstehen, als ihre immer schwankenden Züge anzuschauen durch die irrealen Profile, die von unserer Phantasie geschaffen werden.

Das Theorem erlaubt uns, uns in der Verworrenheit zu orientieren, die jede Wirklichkeit auf den ersten Blick ist, und auch genau zu messen, wieviel Diskrepanz zwischen ihr und dem Spinngewebe unserer Ideen besteht.

Denken ist eine ironische Handlung; was wir sagen, ist die "reine Wahrheit", aber wir sagen es in dem Bewußtsein, daß die Dinge ein wenig von ihr unterschieden sind, denn alle Dinge sind die unreine Wahrheit. Nur wer nicht denkt, nur der Dummkopf glaubt, daß das, was er sagt, ohne weiteres die Wirklichkeit selbst sei."


Ortega Y Gasset in "Geschichte als System"




*240310*