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Sonntag, 25. April 2010

Technik, nicht Wissenschaft

"Es ist die Frage nach der Berechtigung einer allgemeinen Evolutionstheorie, die auch der Laie summarisch anwenden kann (denn das ist der Philologe auf diesem Gebiet), oder nach der Möglichkeit verschiedener Entwicklungsarten angesichts der Tatsachen, die jener Theorie widersprechen. [...] Fragen der philosophischen Anthropologie und der Ethnologie. [...] Die Gegner blieben (auf der Seite des traditionellen Evolutionismus, Anm.) ohne die kritische Prüfung oder die besondere Begründung ihres Standpunktes. Dazu fühlten sie sich weder verpflichtet noch befugt. Für sie waren die prinzipiellen Fragen längst entschieden.

Man erkennt darin den theologischen Hang. Wissenschaft hat die Eigenschaft, daß sie nicht ist und bleibt: Wissenschaft geschieht - wesentlich. Wo das Geschehen aufhört, hört auch die Wissenschaft auf. Wiederholung ist kein Geschehen - ist Anwendung von Erfahrungen; ist techné, Meisterschaft. Doch selbst die hochentwickelte, verfeinerte Meisterschaft ist keine Wissenschaft, solange in ihr das Statische, nach Normen Festgelegte vorherrscht.

Und erst recht naiv ist der Glaube, daß man die eigene Meisterschaft zur Wissenschaft verwandeln kann, indem man eine Idee wie die der Evolution, die in einer anderen Wissenschaft, etwa in der Ethnologie, nur ein Moment des fortwährenden Geschehens, die Bewegung der Forschung bildete, als etwas Endgültiges übernimmt."

Karl Kerenyi im Nachwort zu Walter F. Otto "Die Wirklichkeit der Götter - Von der Unzerstörbarkeit griechischer Weltsicht" über die Prinzipien menschlicher Schöpfung und des Geistes bzw. die Auseinandersetzungen um das Werk Walter F. Ottos.


Walter F. Otto definierte im Laufe seines Gelehrtenlebens Wissenschaft um - er trennte sie von "Wahrheit", und ändert sie in "Richtigkeit methodischer Berechnungen!" Er selbst, der Wahrheit wollte, wandte sich zunehmend der Kunst zu. Der er auch in der Vermittlung von Erkenntnis und Wahrheit zu vertrauen lernte. Sein Apell wurde zunehmend, die Urphänomene zu erschauen - in einer Wirklichkeit, die per "Beweis" nicht wirklich zugängig sei.
 
 
 
 
*250410*