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Sonntag, 9. Mai 2010

Ehret die Frauen!

Die Blütezeiten der deutschen Literatur charakterisiert Wilhelm Scherer (auf die für die frühen 1900er Jahre typische Weise, wo in Moralgebot umkippt, was reine Beobachtung eines Zustands ist, insofern aber dennoch aussagekräftig bleibt) in seiner vielbeachteten "Geschichte der deutschen Literatur" eigentlich unter interessantem Schlußaspekt ... dem Wissenden wohl aber keineswegs überraschend:

"In der (zweiten und dritten) Blüteperiode gewahren wir ein freies Umherblicken, das alle Vorurteile überwindet und im Adel der Seele das wahre Glück des Menschen sucht. Unabhängig von politischen Entzweiungen wächst die Achtung (auswärtiger Nationen)."

Man sucht in Hochzeiten den Wettstreit, doch überwiegt in allem der Wille, zu lernen. Und man ist großherzig genug, den anderen anerkennen zu können, ohne einen Schaden für sich zu empfinden. Mit dieser Toleranz geht auch die Lösung von starren Lebensgesetzen Hand in Hand. Milde, Liebenswürdigkeit erregt mehr Lust als eine Situation gewaltsam zu beherrschen.

"Das Individuum ist von starkem Selbstgefühle geschwellt, aber dieses entspringt aus dem Bewußtsein eines reinen Wollens. Den niedrigen Leidenschaften ist in guter Gesellschaft Schweigen auferlegt.

Den Frauen bringt man einen geläuterten Enthusiasmus, ja einen wahren Kult entgegen. "Ehret die Frauen!" mahnt Schiller; und Walther von der Vogelweide singt: "Durchsüßet und geblümet sind die reinen Frauen; nichts gleicht der Wonne, sie zu schauen, nichts in Lüften noch auf Erden noch in allen grünen Auen."

Die Frauen selbst bilden ihr besonderes Wesen mit Sorgfalt aus. Sie suchen nicht ihre Schwäche in einen blendenden Panzer zu stecken, um sie für Kraft auszugeben; aber sie weben das feine, unzerreißbare Netz, worin sich die Kraft wohl fangen läßt. Sie treten nicht an die Öffentlichkeit, um ins Allgemeine zu wirken; aber sie wirken auf den Mann und durch ihn auf die Welt. Ihr Lächeln entlohnt den Tapferen, den Gewandten, dem Schönredenden, dem Dichter. Sie sind der Hort der guten Sitte, sie verlangen maßvolle Haltung und gebildete Form. In ihrem Dienste wendet sich die Poesie vorzugsweise dem Seelenleben zu und leistet in Epos, Roman, Lyrik das Beste."

Immerhin - als Beobachtung die Beschreibung eines Zustandes, der Gelingen und Blüte, zumindest in bestimmter Form, ja in kultureller Höhe ... von der Frau abhängig macht. "Ehret die Frauen!" schrieb Schiller.




*090510*