Dieses Blog durchsuchen

Freitag, 18. Juni 2010

Weit gefächerte Bedürfnisse

Woltereck zeigt in seiner "Philosophie der Lebendigen Welt", daß sich Biosysteme, in denen große Differenzen und Diversitäten herrschen, weit dynamischer verhalten, als solche mit geringen Unterschieden. Dynamik aber ist entscheidend für die Fähigkeit, auf unterschiedlichste Belastungen mit der natürlichsten weil allem Lebendigen zuerst zuzuschreibenden Eigenschaft zu reagieren, welche dem Eigen- und (auch im räumlichen Sinn:) Systemerhalt, durch Bildung von Ausgleichsmechanismen, die den Erhalt oder der Wiederherstellung des notwendigen Gleichgewichts (ein zutiefst konservatives Verhalten, das allem innewohnt) gewährleisten, dienen.

Es ist verführerisch weil so naheliegend, darin eine Analogie auf menschliche Gesellschaften zu sehen, und jede Form der Gleichmacherei schon aus diesem Grund berechtigt abscheulich zu finden.

Laura Rudas, Bundesgeschäftsführerin der SPÖ, fordert nun, die Reichen stärker zu besteuern, es würde jenen wohl kaum etwas ausmachen, anstatt zwanzig nur noch neunzehn Porsches in der Garage stehen zu haben.

Nun möchte ich natürlich gerne wissen, wer in Österreich zwanzig Porsches in der Garage hat, und wenn es solche überhaupt gibt - wie viele es sind. Abgesehen von der erschütternden Primitivität, die hinter diesem Spiel mit ebensolchen Motiven vermutet werden darf: mit dem Neid zu spielen ist immer ein nettes kurzfristig sehr erfolgreiches politisches Mittel.

Aber da fällt mir ein Bericht über die Schweiz in die Hand, deren Luxusgüterindustrie (und -handwerk, das sollte man nicht vergessen) einer der beeindruckendsten Konjunkturmotoren und Beschäftigungsgeneratoren derzeit ist. Unabhängig davon, daß das Hauptproblem der Schweiz derzeit darin zu suchen ist, die eigene Stärke nicht zu sehr durchschimmern zu lassen, weil sich sonst Exportprobleme aufbauen könnten, die man derzeit nicht möchte (Wechselkurs - wäre der Franken so stark und stabil, wie die Schweiz wirklich ist, würden sich die Schweizer Exporte um ein gutes Viertel, manche meinen: weit mehr, verteuern.)

Aber Luxusgüter werden nicht von gleichgemachten Beamtenmassen gekauft. Gleichgeschaltete Konsumenten verbrauchen auch nur uniforme Massengüter - und die herzustellen können Chinesen, aber auch Länder mit weit geringerem Ausbildungsaufwand, wie er hierzulande getrieben wird, am allerbesten.

Eine gesunde Binnenwirtschaft ist ohne große Bandbreiten ihrer Bevölkerung nicht denkbar. Und ohne diese enorme Bandbreite von Lebensart und -bedürfnissen, wäre das, worauf wir hierzulande so stolz sind - darunter fast alle historischen Spitzenleistungen der Kunst - niemals entstanden.



*180610*