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Montag, 5. Juli 2010

Nicht einmal eine Legende

Willy Andreas schreibt es in seinem im übrigen sehr empfehlenswerten Buch "Deutschland vor der Reformation" ganz klar und deutlich, und niemandem wäre es eingefallen, überhaupt jemals daraus gar eine "Volkslegende" zu machen - die Idee mit der "Päpstin" entstammt dem Stück "Die Päpstin Jutta" aus der Feder des Thüringer Dichters und Priesters Dietrich von Scherenberg. Das Josef Nadler in seiner Literaturgeschichte als häufig aufgeführt nennt.

Es war ein Spottstück, das in erster Linie den Zweck verfolgte, auf die große Barmherzigkeit Gottes hinzuweisen, der selbst solche Vergehen - Amtsanmaßung und Unzucht - noch so gnädig beantwortet. Der Kern der Geschichte war ja nicht "Feminismus", quatsch, sondern die Käuflichkeit des Amtes, die sogar einer Frau den Papststuhl ermöglichte: WAS FÜR EINE SCHANDE! Eine Frau am Papstthron!

Erst nach der Reformation wurde das Stück gegen das Papsttum ausgespielt - als bewußte Waffe, die Verwirrung stiften, damals aber vor allem: das Papsttum lächerlich machen und seine Autorität im Volk, die stärkste Bastion gegen den neuen Glauben, untergraben sollte. Latent romfeindlich war ja die Stimmung in Deutschland ohnehin, und nicht einmal alleine durch das Verschulden der Kirche selbst, sondern auch durch die Geldgier der Städte und Fürsten und des Kaisers selbst, die sich gerne der kirchlichen Autorität bedienten, um abzukassieren. Gerne unterstützten sie selbst die Ablaßkisten, die in vielen Kirchen aufgestellt wurden, um sich bei Gelegenheit daraus zu bedienen. Den Haß zog sich ohnehin die Kirche zu.

Gerade die Literatur war bald unerschöpfliche Agitationsquelle die Hohn und Spott über die Priester und den Papst ergoß. Das einzige, was Andreas dazu bemerkt ist, daß sich die Kirche diese Posse (um die "Päpstin Jutta") stets erstaunlich ruhig gefallen ließ, und nicht wirklich energisch dagegen eingeschritten war. Der Gedanke einer "Päpstin" steht dem Wesen des sakramentalen Priestertums und damit des Papsttums (natürlich auch heute) so entgegen, daß es jedem denkenden Menschen gar nicht vorstellbar war, daß so eine Idee überhaupt jemand ernst nimmt. Es war eben ... eine Verspottung.


*050710*