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Mittwoch, 20. Oktober 2010

Im Zweifel: für die eigene Glücksillusion

Das Wiener Jugendamt meldet (Pressebericht), daß die Familien kaputter seien, als noch vor Jahren. Solche Meldungen freilich gehen und kommen, und unterliegen derselben Skepsis, wie sämtliche übrigen Medienberichte. Aber das sagen auch im Artikel Genannte, die nicht sicher sind, ob Gewalt und Verwahrlosung gestiegen seien, oder einfach - seit den Werbekampagnen 2004/05 - die Bereitschaft, solche Fälle der Öffentlichkeit zu übergeben, zu melden.


(Vielleicht steckt hierin auch der einzige wirkliche Schlüssel für diesen Artikel, die in einer Linie zu stehen scheinen: zuletzt stand häufiger zu lesen von "steigender Gewalt in Familien". Geht es also um Subventionen, um Budgetverhandlungen, um Geldnöte oder schlicht Begierlichkeiten der Kriseninterventionszentren, die "professionell" von entsprechender PR, die ein öffentliches Interesse vortäuschen sollen, begleitet werden? Es wäre nur die übliche Vorgangsweise.)

Das interessanteste freilich ist, was die Jugendamtsleiter über die Reaktionen berichten, wenn sie einschritten, um Kinder aus untragbar gewordenen familiären Situationen in Kriseninterventionszentren zu bringen - was zwar nicht häufiger vorkomme, aber in immer drastischeren Fällen.

Die Kinder würden, so die Dame, meist nicht überrascht sein, sondern sich, wenn sie von der Schule z. B. abgeholt und in städtische Obhut verbracht würden, so verhalten, als hätten sie es längst erwartet. Desgleichen die Eltern - als gehörte es so. Nur in zwei Prozent der Fällen müßte gerichtlich eine Abtrennung der Kinder erwirkt werden. Das sei sogar fürs Jugendamt seltsam, und - ein erstaunlicher Anflug von Normalität - man würde sich wünschen, wenn dafür gekämpft würde, auch beisammen zu bleiben.

Eltern? Es seien viele alleinerziehende Frauen, die oft psychische Probleme hätten, und mit der Situation überfordert seien. Schon gar unter dem Spardruck der letzten Wirtschaftskrise. (Die auch dafür herhalten muß? Wer, schon gar aus eher prekären Verhältnissen, hat wirklich "sparen müssen"? Am wenigsten, interessanterweise, hat sich ja für die unteren Einkommensschichten geändert!?)

Frauen aber würden in oft sehr intensiven Spannungsfeldern stehen, zwischen neuen Partnern und "alten" Kindern. Und sich oft für den neuen Partner entscheiden.


2009 ist die Zahl der Gefährdungsmeldungen beim Jugendamt mit 10.451 erstmals leicht zurückgegangen (2008: 11.312 Meldungen). Was allerdings auffalle, sei, dass die Fälle "häufig sehr extrem werden". "Wir führen das auf überforderte Eltern zurück, die immer weniger Zeit haben", sagte Gabriele Ziering vom Wiener Jugendamt. Die Kinder seien heute mehr sich selbst überlassen.

Ebenfalls neu sei, daß Familien - insbesondere Patchworkfamilien - nicht mehr so belastbar sind. "Die Entscheidung wird dann häufiger gegen das Kind und für den neuen Partner getroffen."


*201010*