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Dienstag, 26. Oktober 2010

Nicht mehr erfüllbare Aufgaben

Die Kleine Zeitung brachte vor einigen Wochen ein Interview mit dem Militärkommandanten von Kärnten, Brigadier Mag. Gunther Spath, anläßlich der jährlichen Feiern zum Abwehrkampf Kärntens (gegen Okkupationssoldaten des eben neu gegründeten Jugoslawiens) vor mittlerweile neunzig Jahren.

Darin sagt Spath:

SPATH: Seit ich 2006 Kommandant geworden bin, gibt es die Einsparungsmaßnahmen. Die damalige Kommission hat festgelegt, die Grundorganisation zugunsten der Truppe zu verkleinern. Der letzte Schritt wird am ersten Oktober die Umstrukturierung des Militärkommandos sein. Das Ganze wäre besser zu akzeptieren, wenn es sich zugunsten der Truppe ausgewirkt hätte. Das hat es aber nicht. Die Bundesheer-Reform 2010 ist gescheitert. 
 
[...] Das Einzige, was durchgezogen wurde, war die personelle Umorganisation. Das ist auch das Billigste. Aber von den anderen Zielsetzungen ist keine Rede. Längerdienende in Auslandseinheiten? Nach den ursprünglichen Plänen sollten dort über viertausend Mann liegen. Es gibt nicht einmal eintausendachthundert. Infrastrukturausbau? Materieller Zulauf? Davon ist keine Rede. Es gibt ein eklatantes Fehlen, das ist die Realität.

Jetzt kommt die Diskussion um die Wehrpflicht dazu. Das ist in der jetzigen Situation wohl auch nicht sehr förderlich?

SPATH: Eine typisch österreichische Diskussion. Man will in der Verfassung die Aufgaben des Bundesheeres so stehen lassen. Nur will man ein Instrument schaffen, das die Aufgaben nicht erfüllen kann. Das ist schizophren. Man soll zuerst sagen, welche Aufgaben man will. Dann sagen wir, das geht zum Beispiel mit einer Freiwilligenarmee von fünfundzwanzig Leuten oder mit einer Armee von fünfzehntausend. Nur muss man sich bewusst sein, dass die jetzt in der Verfassung stehenden Aufgaben keinesfalls mehr in vollem Umfang wahrgenommen werden.

Wie sehen Sie die Aufhebung der Wehrpflicht aus ethischer und gesellschaftspolitischer Sicht?

SPATH: Als schweren Fehler. Die Staaten, die die Wehrpflicht aufgehoben oder ausgesetzt haben, haben schlechte Erfahrungen gemacht. Als Füllpersonal in Freiwilligenstreitkräften meldet sich nicht die Elite der Gesellschaft. Die Spanier haben den Durchschnitts-Intelligenz-Quotienten für die Aufnahme auf siebzig gesenkt. Einem solchen Menschen mit der Waffe in der Hand möchte ich nicht begegnen.

[...] Die Verunsicherung und Skepsis steigt von Jahr zu Jahr. Wer das leugnet, ist ein Narr. Das Ausstiegsszenario, wo man Leute in der Finanzverwaltung unterzubringen versucht, ist an sich etwas Gutes. Nur befürchten wir, dass wir wieder die falschen Leute verlieren. Das war schon bei der Umstiegsmöglichkeit in die Justiz so. Wir haben genau Teile des jungen Kaders verloren, die wir brauchen. Die Älteren wurden auch dort nicht genommen.

Ihr Idealmodell einer Armee für Österreich, die zeitgemäß und in den gesamteuropäischen Kontext einzugliedern ist?

SPATH: Solange man immerwährend neutral ist, geht vieles nicht. Die Frage ist, was wollen die Leute. Assistenz bei Katastrophen? Dazu brauchen wir Truppen, die das können oder ein leicht bewaffnetes technisches Hilfswerk. Auslandseinsätze? Da ginge es unter zehntausend Mann nicht. Oder man schafft endlich eine aufbietbare Miliz. Nur muss das jemand gesetzlich verankern.

Ihre Meinung: Neutralität aufgeben oder beibehalten?

SPATH: Ich sehe im heutigen Europa in der Neutralität keinen Sinn mehr. Die Schweden und Finnen haben nach dem Zusammenbruch des Ostblocks erklärt, sie sind nicht mehr neutral, nur bündnisfrei. Da hat man alle Bewegungsfreiheiten und kann jederzeit sagen, da macht man mit.


*261010*