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Montag, 15. November 2010

Gewußtes als Identitätsproblem - II

Teil II)

Damit ist kennzeichnend, daß wissenschaftliche Denkkollektive, in ihrer apologetischen Funktion, simplifizieren, apodiktisch werden, und zwar ganz in Gegensatz zu ihrer wirklichen Wissensgenerierung, die vor allem heißt: Begriffsfindung! Es wird - weil sonst Aussagbarkeit überhaupt verschwinden würde - verschwiegen (anders geht es gar nicht), auf welchen stufen welche vorentscheidungen zur Problembegrenzung getroffen wurden, es wird verschwiegen, was alles notwendig war, um ein nach und nach "erfundenes" Problem zu einem "gefundenen" zu machen.

Gewißheiten entstehen dann erst nach und nach, im Gleichschritt - mit der Popularisierung des Erkannten. Unangenehmer Nebeneffekt dabei ist freilich, daß für den Nicht-Eingeweihten, aber bald auch (im Rückwirken: als Bild, zu dem sich das ursprüngliche Hilfsmittel "Bild" entwickelt hat) für den Eingeweihten, die Wissenschaft wie eine klare Angelegenheit vorgefundener Begriffe und vor allem: eines einheitlichen, objektiven Denkens aussieht, was sie überhaupt nicht ist. Denn mit jedem Forschen verändert sich das Denken selbst.

Solche Gewißheitsgrade entstehen und geschehen von Stufe zu Stufe, mit dessen Fortgang immer weniger denkzwingende Beweise verlangt sind, vom esoterischen Kreis ausgehend, zum exoterischen. Denn (und das ist das einleuchtend Interessante!) jeder Fachwissenschaftler bezieht seine Anforderungen in Wahrheit aus dem exoterischen Kreis und Begriffsfundus. Dem steht er (unbewußt) gegenüber, dem verantwortet er sich - dem Laien, dem Amateur, dem allgemeinen Denkkollektiv, dem er entstammt bzw. auf das er sich bezieht.


Interessant ist deshalb vor allem die Beziehung von Masse bzw. Laie und esoterischem Kreis, der Elite sozusagen. Ist die Elite schwach, paßt sie ihre Aussagen in hohem Grad an die Masse an. Je exoterischer eine wissenschaftliche Meinung wird, desto bindender ist sie, desto zwanghafter wird sie für einen Denkstil.
Demgegenüber ist für eine starke Elite ihre Esoterik kennzeichnend, und damit einher geht auch ihre Tendenz zu Starrheit und Konservatismus.

Je bindender ein Denkstil geworden ist, desto mehr formt er sich auch seine Wirklichkeiten: in den Begriffen, die in ihren Eigenschaften definiert wurden, und nun zu "Dingen" geworden sind.

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