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Samstag, 18. Dezember 2010

Schwungvolles Fazit - III

Teil III)  Was Ayn Rands wirklich Stärke ist? Sie wirkt für einen Europäer ... befreiend!


Was Ayn Rands wirkliche Stärke ist, ist eine gewaltige Nüchternheit, ein beeindruckender Realismus, die sie so vieles so klar sehen läßt. Genau deshalb findet sich so manche Übereinstimmung mit aristotelisch-thomistischer, scholastischer Metaphysik, von der Rand offenbar aber wenig wußte. Und das auf eine Art, mit Nuancen, mit Zuständen die sich in den Figuren finden, die wirklich einzigartig sind, und gar nicht konstruiert wirken - dieser Vorwurf kommt ja öfter, wenn die gute alte Psychologie eben weil sie so offensichtlich wahr ist, mancher überholter Konventionalität bezichtigt wird.

Wo Rand gar manches zum Namen bringen, das für einen Europäer - und ein solcher bin ich ja - wirklich neu, aber erlösungsbedürftig war. Hier kommt es erstmals zur Sprache, hier wird es einem bewußt, hier atmet man auf, daß diese Gefühle aus dem dunkelen Keller hervorgeholt werden, wo man sie nur dumpf ahnte, aber nicht um ihre Existenz wußte.

Man wirft Ayn Rand vor, keine Künstlerin zu sein, sondern Philosophin, die ihre Philosophien in Metaphern kleide. Nein, ich bin völlig gegenteiliger Ansicht. Ihre Traktate, die sie in Monologform verpackt, oft fast quälend lang, dabei nie uninteressant, gewiß, sind philosophisch eigentlich schwach, widersprüchlich, und utopistisch (ich habe hier bereits einmal darüber geschrieben: ihre Beschreibung des Paradieses, der Utopie, ist sogar regelrecht lächerlich. Und man hat beim Lesen ständig das Gefühl, daß Ayn Rand das sehr wohl spürte, so kraftlos, so "laberig" ist auch die Sprache in diesen Passagen.)

Es ist der künstlerische Wert, das Ausleuchten so geheimer Winkel, daß man gar nicht wußte, daß sie bestehen, es ist die Identifikation mit Gefühlen, die sie in Figuren darstellt, die man als befreiend erlebt, die das Buch und Ayn Rand lesenswert machen. Schon gar für einen Europäer. Ja, gerade für uns Europäer.

Und das ist eine der Aufgaben von Kunst: das ist ihre kathartische Wirkung. Wenn Unfreiheiten aufbrechen, und der Blick frei(er) wird für das Ganze, wieder fähig zum Staunen, und damit zum Erkennen.


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