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Dienstag, 22. Februar 2011

Verrat durch Realismus

Mit einem neuen Buch vertieft die ehemalige Mitbegründerin der deutschen "Die Grünen", Jutta Ditfurth, ihre Kritik an der Partei. Im Spiegel-Interview meint sie, daß die Grünen als Ökobewegung sehr rasch von linken Karrieristen aus der 68er Spontibewegung - solche wie Joschka Fischer und Daniel Cohn-Bendit - gekapert und mißbraucht worden, die nichts sonst im Sinn hatten als rasch an die Macht zu kommen. Ökologische Anliegen waren ihnen stets unwichtig gewesen, ihr Kalkül zu Anfang der 1980er Jahre war, eine notwendige Ergänzung einer dann mehrheitsfähigen Linken - mit den Grünen links der Mitte - zu bilden.

Ditfurth - "Grünen Wähler wollen getäuscht sein."
Im Kern hätten sie aber die Partei zu einer tiefbürgerlichen, etablierten Partei umgestaltet, die ihre ursprüngliche Kraft und Aufgabe längst nach Belieben und politischem Kalkül verrate. In Wahrheit biete die Partei nur noch soviel Kritik, als notwendig ist, um an die Macht zu kommen - ihre Prinzipien würden jederzeit, wenn sie nicht notwendig wären, fallen gelassen. Solcherart sind die Grünen zu einer Partei der "gehobenen und verrohenden Mittelschichte" geworden, wo man sich nur noch gegenseitig die alternative Gesinnung bestätigt und in Wahrheit die kleinbürgerlichte Gesinnung der Absicherung ihres Wohlstands hegen.

Mittvierziger in gutbezahlter Position mit zwei Kindern, Eigenheim, Vermögen, Aktien und regelmäßigen Flugreisen, die die Grünen wählen, weil sie schick sind, werden sich von mir nicht davon überzeugen lassen, dass die Grünen keine soziale Partei sind, weil sie das gar nicht interessiert.

Entsprechend verwässert ist auch die Politik der Grünen, die nicht mehr an den Kern der Probleme streift.

Weil sie unter Ökologie nichts anderes mehr verstehen als verdünnte Vorstellungen von Klimaschutz. Aber an die Wurzel der Mensch und Natur zerstörenden Produktionsverhältnisse gehen sie nicht ran. Grüne und ihre Wähler interessieren sich heute weder für die Produktionsabläufe, noch für die Rohstoffbeschaffung in aller Welt oder für den Giftmüllexport. Die Dominanz des Autoverkehrs haben sie akzeptiert und die Privatisierung der Bahn, die Voraussetzung des derzeitigen Bahndesasters, haben die Grünen im Bundestag mitbeschlossen. Es geht heute bei grüner Umweltpolitik nur noch um das eigene Essen, Ökoklamotten, getrennte Müllsammlung, kein Pestizid im eigenen Vorgarten.

Damit seien die Grünen sogar zu einer kriegstreibenden Partei geworden, fern von allem Pazifismus der Anfänge.

Özdemir (der Vorsitzende der Grünen Deutschlands, Anm.) war 2002 nach der Bonusmeilen-Affäre und dem Skandal um einen Privatkredit, den er von dem PR-Berater Hunzinger bekommen hatte, eine Zeitlang aus der deutschen Öffentlichkeit verschwunden. Er war in den USA, gefördert vom German Marshall Fund, und hat eine Art Zusatzausbildung gemacht. Danach folgte der steile politische Aufstieg - und plötzlich sitzt er in allen möglichen Gremien, die immer etwas damit zu tun haben, wie sich Europa und Deutschland zu den USA verhalten. Im Oktober 2010 veröffentlichte Wikileaks rund 400.000 Geheimdokumente zum Irak-Krieg. Das fand Cem Özdemir ethisch bedenklich. Aber die Grünen waren mal für Transparenz!

Die Einflußnahme der US-Regierung auf deutsche Politiker sei, so Ditfurth, ja eine bewiesene Sache. Und Özdemir laufe an deren Gängelband.

Alle Parteien machen ihren Wählern was vor, aber es gibt keine Partei, die eine so grandiose Differenz zwischen ihrem Image und ihrer Realität hat.

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