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Freitag, 8. April 2011

Steigerung des Seins

Es ist logischer Unsinn, schreibt Robert Spaemann in "Zum Begriff des Lebens", die Teleologie der Natur als Lebendiges zu einer Teleonomie umzudeuten. Also Zielhaftigkeit "zu simulieren", wo keine vorhanden war.

Denn Zielhaftigkeit selbst als solche zu erkenen setzt bereits die Selbsterfahrung von Zielhaftigkeit voraus - sonst ist sie gar nicht als solche erkennbar. Das "Aus-sein-auf" des Lebens ist DIE Grunderfahrung des Lebendigen, das sich darin als vom Ursprung emanzipiert, als Träger einer Substanz erfährt: Selbstsein ist Emanzipation von den Entstehungsbedingungen.

Finalität läßt sich aber nicht aus Kausalität ableiten. Im Begriff der Finalität war der Begriff der Wirkursächlichkeit immer schon mitgedacht. In der reinen Kausalität der Teleonomie aber ist gerade das Merkmal des Lebendigen - eben das "Aus-sein-auf" - nicht mitgedacht. Nur ein Wesen, dem es um etwas geht, kann ein System überhaupt als gericheteten Prozeß wahrnehmen. Lebendig ist ein System, das sich selbt ein Ganzes ist und danach strebt, ein Ganzes zu sein.

Und: es tut es nicht einfach, um "vorhanden" zu sein, sondern alles ist da um seiner eigenen Tätigkeit willen - alles Lebende transzendiert also seinen faktischen Momentszustand auf ein Ziel hin. Dabei ist es mehr, als nur die Erhaltung des Vorhandenen - und wo nur eingebettet in seinen Gesamttelos: Seiendes ist überhaupt nur da in der Weise des Strebens nach Sein!

Als solches ist Leben eine gesteigerte Form von Sein. Und es ist per se ausgerichtet auf diese Selbststeigerung, eingebettet in eine Gesamtordnung, die sich über das jeweils Einzelne im insgesamt steigert - im wechselseitigen Erkennen, das abhängt von der Höhe der Lebewesen. Denn Bewußtheit (als Erkennen) ist genau diese höchste Steigerung: in den Geist hinein - bis zum springenden Punkt: Leben ist göttlich. Nicht "nichts", ja sogar letztlich abzulehenende Quelle des Scheins und der Leids.

Leben aber steht in einer Parodoxie: denn es wird nur gewonnen in der Selbsttranszendenz. Wo der Mensch in sich kreisend verbleibt, erstirbt er. Deshalb ist die Freundschaft, das Wohlwollen der Umwelt gegenüber, in der Liebe, zentrale Lebensquelle.

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