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Dienstag, 10. Mai 2011

Ehe der Papst twittert, kommt das Ende - IV


Notizen zum Internationalen Bloggertreffen am 2. Mai 2011 im Vatikan


Teil IV) SICH NACH VOR DRÄNGEN


Der Aufbau eines Blog zeigt ja im Grunde schon vieles, vielleicht alles, womit wir es da wirklich zu tun haben: denn wenn das Web ein Such-Netz ist, der Benützer also nur findet, was er sucht – wer sollte dann etwas suchen, was noch gar nicht bekannt ist, nämlich: MEINE MEINUNG? Und warum sollt er es suchen, immer neu? Er braucht also eine reale Verbindung zu mir. Das ist im Netz nicht anders, also im realen Leben draußen. Ohne diese Verbindung fehlt sogar dem Datum das, was es sein kann: Information. So schreibt es der "Erfinder" der Kybernetik, Norbert Wiener: Information muß selbst als solche erkannt werden, braucht also soziale Eingebundenheit.

Wenn also Andres Beltramo, einer der Podiumsgäste, und „erfolgreicher“ Blogger (wie bemißt man das? aus den Klickzahlen, an deren Relevanz wiederum andere - und er - glauben?), davon spricht, daß die große Chance des Blog sei, seine freie Meinung zu äußern, daß er die Chance sehe, den Glauben der Menschen (er sagt „alle“, schränkt in keine Richtung ein) zu stärken, dann muß sich doch die Frage stellen: wovon spricht er? An wen will er sich wenden? Wen will er informieren? Mit einem Blog, das man ansteuern muß, um die Information, die man ja gar nicht kennt, abzuholen? Unabhängig von der wirklich brennenden Frage, worin sich Glaube und Information überhaupt berühren, und vor allem: WIE!? Er spricht ja davon.

Rocco Balmo, angeblich überhaupt der bekannteste „katholische“ Blogger, der den ersten Teil moderiert, und er macht es sympathisch, hat dem nicht viel sonst hinzuzufügen. Außer daß er den Anwesenden kräftig Honig ums Maul schmiert, hmmm, das geht runter wie Öl: es sei ja eine erlesene Gesellschaft im Auditorium anwesend, die Elite der Kommunikation, ein Geschenk für die Kirche!

Bleibt alles bei der Frage hängen, die im zweiten Teil (Sie wissen längst, wie unbekümmert um gewesene Abläufe ich hier inhaltlich vorgehe, nach thematischen Zusammenhängen neu gruppiere) von dieser berückenden Slowakin, Eva Janosikova,  so sympathisch gestellt wird, und die ja überhaupt über diesem ganzen Internet hängt, so irgendwie: WAS MACHEN WIR NUN DAMIT!?  

Was machen wir mit diesen technischen Möglichkeiten, die uns nach wie vor berauschen, die uns vielleicht sogar den Kopf benebeln. Ist es das, was der Sekretär von Erzbischof Celli sagt, wenn er nämlich sagt: die Blogger sind OBJEKT der Pastoral? War das der Grund der Einladung? Die anwesenden Blogger zu disziplinieren? Sie an die Verantwortung, oder was auch immer, zu gemahnen, sie aus ihrer Lebenssphäre herauszureißen, und in die des Vatican zu integrieren? Immerhin sagt er: „Bloggers are persons – the objekt of pastoral!Sollen die Anwesenden sich also nur aus Gründen der Psychologie “gelesen”, “beachtet” fühlen, weshalb man ihnen tausendmal versichert, sie ernstzunehmen?

Ganz gewiß nicht bewußt, ganz sicher nicht gezielt, da gienge man zu weit, das steht außer jeder Diskussion. Die Frage erhebt sich nur, weil da eine Antwort ist, zu der die Frage fehlt: die Antwort sind die Möglichkeiten der Informationsweitergabe, auch für die Kirche. Die Frage ist: wozu aber braucht man das? Ist Glaube und ist Glaubensweitergabe denn einfach eine Frage der Information? Und wie bringt man sie überhaupt an den Mann?

Sich nach vor drängen? Da haben so manche gut stinken, mit ihren vollen Hosen, die die Popularität ihres Blog einfach bestimmten Umständen verdanken, die sämtlich, ja die ausnahmslos im realen Leben wurzeln. Oder – siehe Vonhögen – in ganz „außerkirchlichen“ Bedürfnissen, nämlich in Tolkien’s „Herr der Ringe“, oder in Spielbergs „Starwars“, wo das Priesterlein etwas zu sagen und zu bieten hat. Ein wenig aber klingt es so, wenn doch prompt solche Worte fallen, man solle sich nach außen drängen, man solle sich einbringen.

Mit Twitter? Wohin einbringen, mit seinem Blog? Endet alles so, wie es eine Italienerin aus dem Auditorium einwirft, daß doch eine Gefahr bestehe, daß die Bloggerszene nur für sich selbst schreibt, sich nur selbst liest? Die Frage nimmt leider keiner auf, aber sie ist eine der zentralen Fragen! Schon gar nämlich wenn das Podium auffordert, jeder solle sein Blog anfangen, jeder solle seine Meinung äußern und kundtun. Ja, aber: wer soll es dann lesen? Und: was ist mit der Relevanz? Wie soll man erkennen, daß ein Blogger überaupt Relevantes zu sagen habe? Darum geht es doch, beim Führen eines Blogs überhaupt, beim Schreiben, wenn wir alles auf die Ebene der Schriftstellerei herunterbrechen, und dazu könnte man versucht sein, denn wenn Matio Marasco am Podium erzählt, daß das Bloggen für ihn eine „habit“, eine Form zu leben geworden ist, dann erinnert das genau daran: was ein Schriftsteller macht. Es ist nichts anderes: Schreiben ist eine Lebensform. Das könnte von Marcel Proust stammen, oder von Balzac.  Ist das nun jedem möglich, in Zeiten des Internet, des Blog, ist einfach Weiche zu sein vielleicht das geheime Wesen des Menschen, das nun endlich die Welt ergreift?

Sind also die Völker der Erde auf dem Weg, zu Völkern von Schriftstellern zu werden? Was P. Antonio Spadaro, der den zweiten Teil moderiert, von sich gibt, klingt nämlich schon sehr danach. Denn er wird nahezu poetisch – wenn er sagt, ein Blog „flüstere“. Das klingt natürlich schon nach Schriftsteller, keine Frage. Der aus sich, für sich schreibt, übrigens, eines seiner Kriterien. Was Spadaro vielleicht tut, weil er so überzeugend erzählt, daß das Blog für ihn ein tägliches Geschehen sei, ein Teilen seines Innersten mit seinen Lesern, ein Roman ohne Ende. Aber geht es da nicht genau darum: um das Überwinden der Sucht nach Publikum? Um das Überwinden des Gelesenwerdenwollens, weil es Teil des Schreibens, Teil des Geschriebenen selbst ist, untrennbar, weil das Geschriebene nämlich diese Beziehung zu einem Du überhaupt IST, ja: dieses DU ist. Kommt nicht aber erst dann der reine Geist? 

So, wie es Fenelon mit Bossuet durchstritt, und unglücklich verlor, denn er hatte recht: daß nämlich die so und richtig verstandene "Absichtslosigkeit" zu dieser ganz reinen Liebe dazugehört, aus der heraus erst die wirkliche Einwohnung Gottes erfolgen kann. Jene Einwohnung, die den Menschen dann zum Antlitz des Seins selbst macht. Die ihn - erst sie! auch Johannes vom Kreuz sagt das, auch Theresia von Avila sagt das! - dann erst, ab diesem völligen Leergeräumtsein, wollen wir es so stumpf ausdrücken, erstmals zum Missionar macht. In einer Haltung, die den Notwendigkeiten des Blogs, des Internet, entgegensteht.

Da ist es blanke Torheit, über Funktionen des Blogs, des Twitterns, des Internet zu reden, als wäre diese Technik ein ethisch irrelevantes Ding! Alles ist ethisch, sagt Ferdinand Ebner, zurecht, und die Anwendung einer Technik ist es allemal.



Fortsetzung morgen – Teil 5) WER SOLL DENN DIESE GANZEN MEINUNGEN LESEN?






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