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Mittwoch, 18. Mai 2011

Unternehmer, nicht Geldfunktionäre

Das ist natürlich bemerkenswert, dabei keineswegs überraschend - aber der Verfasser dieser Zeilen wagt die Prognose, daß sich Ähnliches, Analoges, in nächster Zukunft massenhaft abspielen wird: wenn man draufkommen wird, daß es nicht die Lautesten, die aktivsten und plakativsten Selbstverkäufer sind, nicht die, die pausenlos über Twitter mit Nachrichten versorgen, oder über Facebook Tausende Freunde generieren - sondern einfach die mit Substanz, die stillschweigend ihren Job professionell erledigen, die da-siehste-was-da-haste-was wie Felsen in der Brandung stehen, während rundum Wüste ist. Die man nur nicht so richtig bemerkt, auch weil ihre Art zu sein so natürlich ist, und doch alle lieber auf den Schaum starren, der die schönsten Blasen macht.

Die Presse berichtet, daß die Schweizer Investmentfirma CE Asset Management (CEAMS) zusammen mit Universitätsprofessoren europäische Unternehmen nach Substanz untersucht haben. Dabei wurden vor allem Kriterien wie Nachhaltigkeit, Zukunftssicherheit, Kapitalrendite, Tragfähigkeit des Geschäftsmodells etc. berücksichtigt, kaum hingegen die kurzfristige Börsenperformance.

Und sieh da: Es sind keineswegs jene Unternehmen, die ständig in den Nachrichten stehen, die in den Vordergrund gerückt werden. Unternehmensqualität und Krisenfestigkeit hat vielmehr sehr handfeste und klassische Gründe, und es sind auffallend oft Unternehmen, bei denen es die Firmenstruktur noch sehr personenbasiert geblieben ist, wo es also noch Unternehmer gibt, für die ihre Firma Lebensaufgabe ist, die aus ihrer Vision lebt - und nicht abstrakte Showmen und Geldfunktionäre.

Ohne daß übersehen wird, daß es auch oft schwierig für die betreffenden Unternehmen ist. Aber zum Beispiel sind da die Maschinenparks auf dem neuesten Stand, die Betriebsanlagen in Ordnung, stimmt die Kosten- und Mitarbeiterstruktur, und können Anleger zwar nicht unbedingt spektakuläre, aber dafür umso solidere Renditen erwarten.

Auffallend: überdurchschnittliche viele Textilunternehmen weisen solch hohe Unternehmensqualität auf. Zwar sind die von Moden abhängig, ab einer bestimmten Größe aber wird dieses Risiko minimiert, weil das Unternehmen selbst Trends zu setzen vermag.

Der Textilkonzern H&M ist das beste Unternehmen Europas, der Brillen-Kaiser Fielmann siegt in Deutschland. In der Schweiz wurde Belimo aufs Podest gehoben, ein Hersteller von elektrischen Antrieben für Klimaanlagen und Heizungen. Und in Österreich hat sich der Kartonproduzent Mayr-Melnhof exzellenter als alle anderen erwiesen. Mayr-Melnhof? Gewiss, ein hoch solider, erfolgreicher Konzern, der größte Hersteller von Recyclingkarton auf der Welt und von Faltkartons in Europa – aber noch nie für eine heiße Börsenstory gut.
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So verwundert es nicht, dass alle gekürten Unternehmen einen starken Eigentümerbezug haben. 69Prozent der Stimmrechte bei H&M liegen in den Händen der Familie Persson, die auch das Topmanagement stellt. Bei Mayr-Melnhof ist die Familie mit 49Prozent größter Eigner.  

Die CEAMS-Methode hat den Anspruch, Fehlentwicklungen rascher zu erkennen. Mit ihr waren die Probleme der Swiss schon absehbar, als die üblichen Kennzahlen noch glänzten. Und auch dass die Investmentbanken vor dem Crash nur mehr Buchgewinne produzierten, fiel auf: „In der letzten Krise hat nicht der Kapitalismus versagt, sondern die Kapitalisten, weil sie nicht mehr auf die Ertragsqualität geschaut haben“, sagt Partner Philipp Weckherlin.


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