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Mittwoch, 15. Juni 2011

Man konnte alles kommen sehen

Ein bildschöner Artikel, den Michael Martens in der FAZ da zum Pfingstwochenende schreibt, und er ist höchst illustrativ. Weil er die Geschichte des griechischen Desasters - von der Euro-Einführung an - wunderbar stringent darstellt, und sie entpuppt sich als Geschichte prinzipieller Mechanismen, die uns keineswegs fremd sind. "Es hat nicht anders kommen können," schließt der Autor. "Es war so sehr vorhersehbar, daß man sich heute nur wundert, daß niemand reagierte!"

Es begann alles - und man kennt das doch alles, meint man? - mit der Umstellung auf den Euro. "Während man vorher mit 3400 Drachmen - 10 Euro nach der Umwechselung - viel Geld in der Tasche hatte, mit dem man recht gut einen Ausgehabend bestreiten konnte, waren plötzlich 10 Euro zuwenig, um wenigstens noch das Essen bezahlt zu bekommen." Die Produktivität der Wirtschaft hinkte einfach zu sehr hinter der des (nördlichen) europäischen Raumes hinterher - die Angleichung der Lebensführung (auch durch Importdruck) hinterließ ungedeckte Schecks. Es kam zu einem Preissprung.

Die Rechnun kam prompt bei den Wahlen - es siegten die Sozialisten. Die Regierung tat etwas "dagegen" - sie nahm Kredit um Kredit, "soziale Maßnahme" um "soziale Maßnahme" wurde durchgeführt. Die Gewerkschaften forderten natürlich gleich mal mehr Lohn und drohte mit Streiks, und weil 2004 olympische Spiele waren, die man nicht gefährden wollte, wurden die Löhne 2003 um 6 Prozent angehoben. Die Regierung begann, ihre Haushaltsdefizite mit "kreativer Buchführung" zu verschleiern. Wie man das ja überall versuchte und tat. Plötzlich waren Schulden der Regierung Schulden irgendwelcher Sondergesellschaften, etc. etc.

Die realen Pensionseintrittsalter waren (mit 59 Jahren - in Österreich? recherchieren Sie ein wenig ... ein kleiner Hinweis: es ist noch niedriger) viel zu niedrig. Aber die Gewerkschaften protestierten gegen alles Gegensteuern, das wie "Sozialabbau" klang. Die Inflation stieg weiterhin, und war sogar offiziell doppelt so hoch wie im übrigen Euro-Raum. Die Gästezahlen im Tourismus gingen zurück, Griechenland wurde einfach zu teuer. Wärend sie 200 km weiter östlich, in der Türkei, explodierten - wegen eines völlig anderen Preis-Leistungs-Verhältnisses. Die aus Budgetgründen notwendige (mehrfache) Erhöhung der Mehrwertsteuer machte sich zunehmend in der Verteuerung des Lebens bemerkbar. Die Wettbewerbsfähigkeit der griechischen Wirtschaft war am Boden. Wer noch produzieren wollte, ging ins Ausland.

Man kann den Landesnamen übrigens nach Belieben ersetzen. Griechenland war nur schneller, das ist eigentlich alles. Seine Geschichte, als Geschichte einer Staatspleite, ist auf alle übrigen europäischen Staaten übertragbar - es sind überall dieselben Mechanismsn. Es sind nicht (sic!) die Spekulanten, und es sind nicht die Reichen, die alle ausbeuten ...



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