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Samstag, 4. Juni 2011

Von Alternativen und deren -losigkeiten

Ein Freund meinte unlängst entsetzt, ja: wenn ich gegen Atomkraft UND gegen Windenergie ja, und vermutlich auch gegen Speicherkraftwerke sei, wie ich mir denn dann vorstelle, daß der Energieverbrauch zukünftig zu decken sei?

Gar nicht.

Er blickte mich konsterniert an. Gar nicht?

Nein. Denn die Energielage zeigt etwas an, das auch von vielen anderen Parametern längst vor Augen steht: In diesem System gibt es keinen Ausweg. Das, was jetzt passiert, ist aus einer "mit dem Rücken zur Wand"-Lage erfolgte Verzweiflungspolitik, mit der man unter Aufbietung aller zukünftigen und denkbare Ressourcen einen Absturz zu verhindern sucht. Nun wird alles in die Schlacht geworfen, wirklich: alles. Politik und Leben ist endgültig zu einem Hazardspiel geworden, zu einem reinen Glücksspiel, denn alles, worauf wir hoffen, ist ein rational nicht begründbarer Glückstreffer - daß doch noch, auf eine uns heute nicht bekannte Weise, alles gut ausgeht. Und solange wird an den Kesseln geflickt und gemacht, damit sie nicht in die Luft fliegen, während wir sie noch eine Stufe höher heizen.

Der Kapitalismus hat sich endgültig in seine Sackgasse manövriert, die er war: indem er die Massen als Käufer entdeckt hat - die Gewerkschaften sind ja nur folgerichtiges Kalkül, sie sind ja auf eine Weise sogar notwendig, denn sie betreiben dasselbe Spiel wie die Banken, die den Käufern Geld leihen, damit diese jene Produkte kaufen, an deren Herstellung sie dann verdienen - wurde der Ressourcenmißbrauch entfesselt. Wohlstand hat untrennbar mit sittlicher Größe zu tun, die er aber nicht nur nie hervorruft, sondern verlangt, sondern die er auch abbaut weil nicht mehr erfordert. Denn der Mensch ist wie er ist - er neigt unweigerlich zur Gefallenheit, er kann sie nicht verhindern, er kann sie nur aufhalten.

Die Erde wurde zu einem einzigen (Heidegger) "Gestellt", zu einer Zuhandenheit, alles auf ihr spielt nur noch eine Rolle als Treibstoff für dieses Wohlstandssystem, das auf bizarre, zynische Weise die Phänomene der Geglücktheit abstrahiert hat und nicht mehr verstehen kann, warum trotz allem "Glück" nicht eintritt. Aber wir sind mit der Erhaltung der Maschine so beschäftigt, und wir wollen es auch so, daß wir uns diese Frage gar nicht mehr stellen. Schon jetzt gehen wir durch Landschaften als gingen wir durch Fabriken. Das wird sich noch weiter verstärken, bis es keinen Flecken der Erde mehr gibt, der nicht in diese riesige Maschinerie des Technizismus eingespannt ist.

Wir stehen - oder: stünden - vor einen grundsätzlichen Frage. Die aber von dieser Politik nicht mehr zu lösen ist, weil gar nicht gelöst werden kann. Längst hat sie ja auch aufgegeben, Vernunft, ja manchmal sogar nur Rationalität zu suchen, ist getrieben und unschöpferisch, was sie mit immer mehr Interventionismus zu kaschieren versucht.  Politik heute ist ja schon vergleichbar mit einem Ärzteteam in der Intensivstation, das meint, der in Koma Versetzte wie Gefallene vor einem - das Volk - würde nur noch tun und tun sollen, wozu man diese oder jene Gliedmaße gerade anrege. In der lächerlichen Selbsttäuschung, die Anzeigen an den Überwachungsmonitoren wären das Leben selbst.

Unter den gegebenen Voraussetzungen können wir uns nur so lange es geht verwalten - bis zum Ende. Es war übrigens Robert Spaemann (und ihm wird man gewiß nicht Obskurantismus vorwerfen können) der einmal in einem Interview meinte, daß er sich nicht vorstellen könne, daß es noch lange dauern könne, mit der Erde. Er meine, daß das Ende der Welt nicht mehr fern sei.

Also: aufgeben?

Was für ein Unsinn! Was und warum sollte man aufgeben? Worum geht es überhaupt? Um Wohlstand? Oder um unser Seelenheil?! Das in solcher Lage sogar besondere Chancen der Bewährung vorfindet. Wovon sonst sollten wir uns Geglücktheit erwarten?

Wir stehen doch nur vor dem definitiven Ende ... der Neuzeit. Einer Entwicklung, die mit der Renaissance einsetzte, und auf direktem Wege zu einer Kultur des Illusionismus führte. Es begann mit der Perspektive, es begann mit der Welt des Scheins, die wir seither errichten. Die jetzt einstürzt.


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