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Dienstag, 5. Juli 2011

Warnung vor der eigenen Latenz

Und weil schwache Politiker ständig damit ringen zu meinen, eine Rechtfertigung ihres Daseins liefern zu sollen, lassen sie sich Gesetze einfallen. Umso mehr, als die wesentlichsten Gesetze, die, auf die sich Politik überhaupt beschränken sollte und müßte, in Brüssel beschlossen werden, wird das Alltagsleben Opfer der Regulierungswut. Und damit kommt die Prävention mehr und mehr ins Blickfeld. Politisch beliebtes Kleingeld, weil sich ein weites Feld auftut, das per Anlaßgesetzgebung politisch verwertbar scheint.

So wird nun von der österreichischen Justizministerin - schon einmal gescheitert als Forschungsministerin - ein Gesetz gefordert, das Richtern bei "jeder Form von Gewalt gegen Kinder" ein Mindesstrafmaß vorschreiben, und dem sogenannten "gapping", der Aufnahme von Kontakt mit Kindern und Jugendlichen, um unter Vorspielung falscher Tatsache Sexualstradelikte einzuleiten, einen weiteren Präventivriegel vorschieben soll, indem es diese Kontaktaufnahme selbst schon unter Strafe stellt. Anlaß dazu waren einige dramatische (aber auch höchst unübliche) Fälle des letzten Jahres.

Das nächste Präventivgesetz also, die nächste Schwammigkeit, die zu Gesetzesmißbrauch - als Keule gegen Unliebsame - einlädt und im Grunde nichts regelt, was nicht ohnehin geregelt wäre, aber etwas versucht, was ein Gesetz in dieser Form nicht leisten kann: direkt präventiv zu wirken.

Daß außerdem die Gesetze auszureichen scheinen belegt schon alleine, daß diese Fälle aufgedeckt und die Täter schwer bestraft wurden.

Ein Psychoanalytiker, ich glaube es war Wilfried Daim, hat einmal darüber geschrieben, daß die oft so vehemente, ja fanatische Forderung nach strengeren Gesetzen in vielen Fällen nichts anderes ist als die verzweifelte Stufe höchstmöglicher Offenheit einer Warnung potentieller Täter vor sich selbst ist. Es gibt belegte Fälle, daß gerade jene Menschengruppe, die in der Prävention so hohen Nutzen erkennen will, in dieser, manchmal völlig anderer Vergehensart höchste Latenz aufweist.

Man schließt immer von sich auf andere. Wer sich selbst kennt, auch in seiner Anfälligkeit und Schwäche, weiß aber auch, wie er mit sich umzugehen hat. Und er nimmt das auch vom anderen an. Wer vor sich selber aber Angst hat, der hat sie vor allem vor dem anderen.


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