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Freitag, 12. August 2011

Wo alles nur noch auf sich selbst starrt

Man sagt oft, daß das Betreiben eines Blogs den Menschen dazu diene, ihre Meinung zu artikulieren, und schreibt den Blogs geradezu demokratiehygienischen, substantiellen Wert zu. Ich weiß nicht recht.

Viel häufiger habe ich den Eindruck, daß es den meisten Blogs an genau dem fehlt - an eigener Meinung. Gar zu häufig wirken sie wie Opfergaben an den Geist bestimmter Strömungen und Gemeinschaften, die beweisen sollen, auch durch die Solidarität, die damit bewiesen wird, daß man diesen angehört.

Viel zu oft fehlt genau das, was ein Blog ausmachen könnte - eine originäre Sicht. Viel zu oft scheinen sich Blogbetreiber bemüßigt zu fühlen, "wie" offizielle Vertreter einer Geisteshaltung oder eines Organismus aufzutreten, diesen quasi zu repräsentieren. Viel zu oft finden sich in Blogs deshalb einfach nur Geisteshaltungen, nicht "persönliche Meinungen", originelle neue Aspekte oder Blickwinkel und Arrangements (denn wirklich erfinden, klar, kann niemand etwas).

Und damit fehlt ihnen genau das, was sie interessant sein lassen könnte. Meist trifft man auf Blogs, bei denen man nach den ersten Zeilen meint, sie ein für alle mal gelesen hat: man kennt die Geisteshaltungen, man kennt die Meinungen, man kennt die Aktualitäten, denen sich bemerkenswerterweise fast alle verpflichtet fühlen - oft genug schon reine Medienaktualitäten! - aus unzähligen andere Medien.

Und damit schließen sich so manche Kreise. Denn das größte Problem des Internet, aber generell der Medien, ja unserer gesamten Gesellschaften, die bereits allesamt im internet zusammengeschlossen sind, und zwar so sehr, daß sie vielfach nur noch medial existieren, das größte Problem ist also genau das, dessentwegen sie zu sein behaupten: Inhalt, "Content".

Eine Gesellschaft, die nur noch auf die Medien starrt, die berichten sollen, was in einer Welt passiert, die aber nur noch darauf starrt, was denn passiert ... löst sich förmlich ins Inhaltslose auf. Der Reflexivität bleibt nichts mehr übrig, sie wird sich selbst Inhalt, und damit löst sie sich auf.

Das macht lustigerweise schon fast wieder Hoffnung. Denn die letzten verbliebenen Lebenslieferanten, die letzten, die noch realen "Content" (und nicht Content aus der Reflexivität) besitzen weil sind, und die phasenweise aus der öffentlichen Wahrnehmung regelrecht verschwinden werden, werden - neu entdeckt - im Wert unermeßlich steigen. Ja, es wird gar nicht mehr so lange dauern, wird Wertschötzung nur noch mit eben jenen verbunden sein. Und jeder Markenartikelkonzern und jede Boutique aus dem 8. Bezirk wird mit Händen und Füßen dagegen ankämpfen, mit social media und Internet in Verbindung gebracht zu werden, bzw. aus dieser Vergemeinung wieder loszukommen.



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