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Samstag, 26. November 2011

Schwere Versäumnisse - II

Teil 2) Gehen wir nicht diesen Weg, wird es Europa mehrfach zerreißen

So hätte zielgerichtete Außenpolitik aussehen müssen, und so müßte sie aussehen. Solange das nicht erkannt wird, wird es alle diese kleinen Staaten in der Spannung zwischen übermächtigem Zentralraum - EU, Weltgemeinschaft - und volkeigenen, "nationalen" Bedürfnissen zerreißen. Denn die Aufgaben sind so nicht lösbar, jeder Staat für sich gestellt stößt immer wieder auf eigentlich unlösbare Schwierigkeiten, weil die Probleme, die er ausgelöst hat, immer die falschen Ebenen betreffen. Ebenen, für die im Lande keine Strukturen da sind, nie waren wie nie sein werden.

Diese Staaten sind auch heute was sie sind, weil sie einen gewissen Weg gegangen sind, den man nicht einfach vergessen, auslöschen kann. Alle diese Länder sind in solchen übergroßen Strukturen aber ständig an den Rand des Abgrunds gedrängt, wo ihnen nur als Lösung bleibt: Überleben, aber totale Unterwerfung.

Zum Gegenbeweis kann die alle diese Länder gleichermaßen betreffende Problematik der jeweiligen Außenpolitik hergenommen werden, wo nur die Tschechei einen "Ausweg" insofern gesucht und gefunden hat, der übrigens historisch fast traditionell ist: durch eine starke Anlehnung an die USA hat dieses Land eine kleine Hintertür der starken zentraleuropäischen, aber damit vor allem deutschen Vorherrschaft geschaffen. An den Wirtschaftszahlen aber läßt sich deutlich absehen, daß eben dieser geographische Raum zu einem Hinterhof Deutschlands heruntergekommen ist. Auch das ist historisch absolut nicht einmalig, sondern nachvollziehbar gewachsen bzw. verursacht. Passiert nichts, wird der Konflikt sich erneut auf dasselbe alte und ungelöste Thema zuspitzen: Deutschland gegen England und Frankreich! Beide Länder können sich seit Jahrhunderten nicht mehr anders helfen, als Europa zu schwächen, um selbst zu überleben, angesichts eines unvermeidlich übermächtigen Deutschland.

Christoph Steding hat es in seiner Studie "Das Reich und die Krankheit der europäischen Kultur" 1937 überzeugend nachgewiesen (wenn auch mit anderen Schlußfolgerungen beendet): Europa pendelt seit vielen Jahrhunderten zwischen dieser Logik, wonach ein starkes Deutschland ein schwaches Westeuropa, und umgekehrt, bewirkt.*

Dafür gibt es nur einen Ausweg, und er ist historisch-politisch so logisch, daß alle Probleme, die diese Länder haben, damit weitgehend erklärbar sind, ob wirtschaftlich, ob kulturell, ob innenpolitisch wie außenpolitisch (so sehr diese beiden Bereiche nämlich zusammenhängen): wenn jeder dieser Staaten begönne, sich erst einmal um die regionalen, zentraleuropäischen Aufgaben und Nachbarn zu kümmern, um so die notwendige und richtige Symbiotik, Verwachsenheit im Nahraum zu erreichen. Um dann die nächsten Schritte anzugehen.


Daß die EU selbst sich in Hinblick auf diese Logik, die ja mehr Staaten und Räume betrifft (man denke da nur an das Baltikum mit Polen und Weißrußland, mit assozieerten Räumen in der Ukraine und in Rußland selbst; man denke an den Balkan, Räume, die allesamt ähnlich gelagerte Probleme haben, die Pleite Griechenlands hat ihre Wurzeln GENAU DORT: im inadäquaten Anspruchspartner), zwar neu adaptieren müßte, zugleich aber in einer Strukturreform weit besser aufgestellt wäre, als sie es derzeit ist, würde ihr en passent einen weiteren Vorteil verschaffen: sie hätte endlich jene Hände (weil den Rücken) frei, der sie die Aufgabe erfüllen ließe, zu der sie einzig - ich betone: einzig! - sinnvoll (und da wäre sie es wirklich) ist: um Europa im weltweiten Konzert seine angestammte und gleichfalls historisch gewachsene Rolle spielen zu lassen.

Denn die Welt leidet am selben Syndrom: es fehlt ihr jede Struktur, weil ihr jener Kopf, der ihr alle diese Ideen gab, die heute ihren Geist bestimmen, aber zu reinen Logizismen verkommen, weil ihr der Repräsentant abhanden gekommen ist. Man denke nur an Afrika! Ideen aber, Geist, lebt nur personal, persönlich, nicht als mathematische Formel und Funktion.



*Mit einer interessanten historischen Tatsache: daß es immer der schweizer-allemannische Raum war - Baseler Raum, Elsaß, Rheingebiet -  der die Stärke Deutschlands von innen her bestimmte, oder aushebelte. In gewisser Hinsicht könnte man die Habsburger (Freiburg!) als Bestätigung dieser These betrachten: die Wahl Rudolfs von Habsburg zum deutschen König und Kaiser des Römischen Reichs 1278 erfolgte ... um einen starken zentraleuropäischen Raum zu vermeiden, der sich in Ottokar von Böhmen längst zu bilden angeschickt hatte, der in Wahrheit jene Mission verfolgte, die ihm die Habsburger dann aus der Hand nahmen, UND um ein starkes Deutschland zu verhindern.

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