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Sonntag, 23. September 2012

Herrschaft über das Leben

Es gibt starke Bestrebungen - die Österreichische Volkspartei hat es sogar dezidiert als politisches Ziel verkündet, die anderen verfolgen es eher leiser, implizit, aber um nichts weniger effizient - auch die noch jeweils nationale Wirtschafts- und Sozialpolitik in die Hände der EU-Zentralen zu legen. Das ist aus mehreren Gründen ein katastrophaler Irrweg, so wenig verwunderlich diese Bestrebungen sind. Denn die Lebensweise der Menschen ist es, die einem totalitären Geldwirtschaftsbetrieb, in den unsere Gesellschaften sich längst umgewandelt haben, am nachhaltigsten (und letztlich: unüberwindlich) entgegenstehen.

Beide politischen Bereiche sind damit aber jene Bereiche, in denen Politik im Grunde überhaupt nichts zu suchen hat. Denn Politik kann Lebensweisen nur abbilden und schützen, sie kann und darf sie nicht "gestalten".

Wenn also der Autor dieser Zeilen sich 1993 mit allem was ihm zu Gebote stand zu verhindern versuchte, daß Österreich sich der EU in den Leib schreibt dann genau aus diesem Grund: Wenn ein staatliches Bündnis, an das so viele Souveränitätsrechte abgetreten werden wie das hier der Fall war (und noch sein wird, auch das eine logische Folge), so kann das bestenfalls dann für gut geheißen werden, wenn dieses Bündnis dem Schutz der jeweiligen Lebensweise dient. Im Falle Österreich aber war überwiegende Argumentation, daß der Beitritt zur EU eine massive Anpassung der Art zu wirtschaften und zu leben bedeuten würde. Das hat man mit brutaler Wohlstandsagitation schmackhaft zu machen versucht. Weil den Menschen gar nicht klar war, was das für sie bedeuten wird.

Somit sind unter dem grauenvollen Stichwort "Strukturanpassungen" sämtliche Wirtschaftsbereiche den abstraktiven EU-Strukturen angeglichen worden. Und das hieß in allen Bereichen - von der Landwirtschaft über den Handel und die Produktion (als Verindustrialisierung) - den Umstieg von der eher immer noch kleinstrukturierten, persönlichen Gewerbelandschaft in eine rein mathematisch-abstraktive Geldwirtschaft. Niemand hat sich damals etwas dabei gedacht davon zu sprechen, daß alleine 200.000 Kleinbauern ihren Betrieb werden aufgeben müssen! Stattdessen hat man mit Geld- und Subventionsversprechen die Schädigungen, die dadurch im Lebensgefüge des Landes eintreten würden, auf rein pekuniäre Mechanismen zu reduzieren. Nur wenige, zu wenige, haben dieses perfide Spiel größenwahnsinnig-eitler und bösartig-dummer Funktionärseliten durchschaut.

Noch mehr wird passieren, wenn der ohnehin an sich kranke, praktisch die Lebensführung bis in die letzten Winkel regulierende (ja, Leben ersetzen wollende) Sozialstaat, der bereits ein politisches Tabu schamlos bricht, nämlich die Lebensführung der Menschen nicht zu schützen und zu repräsentieren, sondern zu verändern, einer abstrakten Norm anzupassen, durch eine gesamteuropäische Sozialpolitik in noch größerem Rahmen noch abstrakter, das Spielfeld ideologisch induzierter Sozialwissenschaften, normiert werden sollte.

Aber eines ist klar: durch monetären Schuldenwahnsinn noch enger zu einer Schicksalsgemeinschaft zusammengeschweißt, in der sich die gegenwärtige Politik an einer ultimativen Grenze festnagelt, die jede wirkliche Richtungsänderung an der Frage des Überlebens der Staaten überhaupt zerschellen läßt, muß nun die EU dafür sorgen, daß ihr die Völker, die Menschen, keinen Strich durch die Rechnung machen. Nur durch eine rigorose Gleichschaltung der Lebensführung der betroffenen Europäer, von der durch Finanzpolitik festgelegten Überlebensdoktrine des Systems her durchgesetzt, kann dies gewährleistet werden. Dazu müssen die subjektiven Haltungen entwurzelt werden. 

Wie meinte doch unlängst der Grün-Abgeordnete Daniel Cohn-Bendit, indem er einen schottischen Abgeordneten, der genau vor diesem nächsten Schritt der Hypertrophierung warnte, lächerlich machte? "Sie können wohl die moderne Welt nicht verstehen!" 

Doch, Herr Cohn-Bendit. WIR verstehen sie.



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Nachsatz: Die OECD hat jüngst Österreich krisisiert. Es gebe zu wenige Akademiker, zu wenig Menschen mit höherer Bildung. Österreich werde zurückfallen, wenn sich das nicht ändere. Noch dazu seien die Bildungsausgaben im Land weit überdurchschnittlich, das System also offenbar ineffizient. 

Wie das klingt? Was das real ist? Die Aufforderung, noch mehr gehirngewaschene Systemfunktionäre vorzubereiten, die lokale Schaltstellen internationaler Abstraktionsnormen bilden. Als ob es nicht schon lange zu viele von jenen gäbe, die mangels Boden unter den Füßen und deshalb zutiefst gelangweilt bloße Generatoren des Technizismus in allen Bereichen wären.


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