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Freitag, 26. Oktober 2012

Vergoldigung der Werte

Allmählich wird klarer, warum um die Goldvorräte der Staaten - Österreich nicht anders als Deutschland - ein so großes, befremdendes Geheimnis gemacht wird. Angeblich, weil nähere Angaben sich auf den Goldpreis auswirken ... na da lachen doch die Hühner. Das war vor 15 Jahren noch anders? Wo sie nämlich laufend ausgewiesen wurden. Und das Amtsblatt der Republik wies den Deckungsanteil der Währung "in Gold" aus. 

Nun gehört der Verfasser dieser Zeilen nicht zu jenen, die meinen, man könne mit Gold "Werte sichern". Eine Goldwährung ist in Wahrheit nicht bzw. kaum "mehr" wert als Papiergeld - Währungen beziehen ihren Wert ausschließlich aus der geleisteten Arbeit einer Volkswirtschaft. Nur die schafft "Werte". (Auch nicht also durch Spekulation etc. "erwirtschaftetes Geld", dieses bewirkt nur Umverteilung von Werten, entwertet also die Gelder der Nicht-Spekulanten.) Der einzige Vorteil einer Goldwährung ist, daß das Schuldenmachen für den Staat deutlich schwieriger ist, schreibt auch L. v. Mises. Weil jeder Geldumlauf, der ja nur physisch möglich ist, starr eben an vorhandenes Gold gebunden ist. Gold selbst war also immer nur Symbol, nur insofern "Wert", als damit eine Werthaltung einherging, mit gewissem Eigenwert durch seine Verwendbarkeit ALS Zahlungsmittel.  Vor allem aber war Gold - eine Ware.*

Gold IST nämlich eine Ware, so wie jedes Geld sich aus einer akzeptierten Tauschware entwickelt hat. Ein Ding, ein Produkt, und sein eigentlicher Wert ist damit noch nüchterner zu sehen, nämlich wie bei jeder Ware auf seinen Bedarf reduzibel - im Gebrauch zu Kult- und Schmuckzwecken (59 % des jährlich abgebauten Goldes), oder eben ALS Zahlungsmittel (in dem Punkt aber nicht mehr als jeder anerkannte Papierschein: 29 % des Jahresabbaus fließen in den Investmentbereich.) Genau in dieser Reihe stehen heute (welche Aussagekraft!) noch Handys und Computer , auch dort wird viel Gold verbraucht.** (Die Industrie verarbeitet weitere 12 % des Jahresabbaus.) Weshalb auch Länder, in denen Goldschmuck hohe Bedeutung hat, als Verbraucher führen: Indien, mit 1059 Jahrestonnen (von 2500), vor China mit 770 JT. Zum Vergleich: Deutschland verbraucht jährlich 154 Tonnen.

Subtiler ist die Frage der Lagerung. Denn wenn es auch mittlerweile untergegangen ist - schon beim EU-Beitritt mußte Österreich einen teil seiner Goldreserven der EZB übergeben, zwecks Bewirtschaftung der gemeinsamen Währung, die ja schon in den Beitrittsverträgen vereinbart war. (Übrigens: Der Euroraum insgesamt verfügt über Goldreserven in Höhe von 10.800 Tonnen, zu derzeit rd. 480 Mrd. Euro Marktwert.)

Noch subtiler wird es, wenn man den Lagerort der Deutschen Bundesbank rezipiert. Denn die USA (mit ihren derzeit 8000 Tonnen) ist bekannt, daß sie kurzen Prozeß mit fremdem Vermögen auf Staatsterritorium macht, wenn es um die Rechte von US-Bürgern oder -Unternehmen geht. Da wird ratzfatz gegenverrechnet. So war es u. a. auch mit den Kriegsschulden 1918 und 1945, die den zuvor enorm hohen Anteil englischen Kapitals, mit dessen Hilfe die USA ihren wirtschaftlichen Aufstieg im 19. Jhd. finanziert hatte, entscheidend schmälerten. Plötzlich gab es viel viel "US-Eigenkapital" im Land, die Eigentümerstrukturen der Unternehmen und Konzerne nationalisierten sich. 

Und nun liegt dort das deutsche Gold, 3400 Tonnen, angeblich, in einem Wert von dzt. 150 Mrd. Euro. Etwas bescheidener das österreichische Gold, das derzeit 280 Tonnen wiegt. Das hat auch in Genf oder London oder Brüssel Platz. Nur 280 Tonnen. Besser: Nur noch. Denn die hiesigen Goldvorräte hatten in den letzten 15 Jahren einen bemerkenswerten Schwund zu verzeichnen. Betrug 1990 der Goldvorrat Österreichs noch bemerkenswerte 634 Tonnen, so waren es 2000 schon nur noch 377, um auf die heutigen 280 Tonnen Feingold zu fallen. Im Wert von gerade einmal 11 Milliarden Euro.

Was ist da passiert? Ganz einfach: Weil die österreichische Nationalbank (wie die deutsche) verstaatlicht ist, führt sie auch ihre Gewinne an den Fiskus ab. Bei weitem nicht nur Mises war deshalb der Meinung, daß eine Nationalbank NICHT politischem Einfluß unterliegen darf. Denn ihre Gewinne sind natürlich reine Steuern, die das Volk zu zahlen hat. Mit anderen Worten: Eine reine Währungsbewirtschaftung darf niemals GEWINN abwerfen, sie muß erfolgsneutral sein. Aber auch diese Geldschöpfung hat in Österreich ja Tradition - die Post als jährliche Cash-Cow war ein gutes Beispiel. Die umgekehrt sogar Kredite für ihre Investitionen aufnehmen mußte, was sie so hoch verschuldete, daß eine Privatisierung fast unmöglich war, weil sie sämtliche erwirtschafteten Gelder abliefern mußte. Um die nächsten Sozialmaßnahmen oder "Konjunkturbelebungsmaßnahmen" zu tragen, mit denen die Politik die Stimmen kaufte.

Also wurden auch mit den Goldverkäufen still und leise ... Budgetlöcher gestopft. Denn Schulden wurden ja nicht reduziert, im Gegenteil: Im selben Zeitraum STIEG die Verschuldung, 1990 bis 2000 von 56 % des BIP auf 66 %. Das ist nicht viel weniger, als das berühmte Wirtschaftswachstum ausmachte. Frei nach dem Motto: wenn die Wirtschaft mehr Zinsen erwirtschaften kann, weil "effizienter" ist, können wir auch mehr Schulden machen, nicht wahr? Noch dazu, wo diese Verkäufe die Bilanz der Nationalbank kaum belastet haben dürften. Denn wenn der Goldpreis steigt, kann man Gold verhökern, und weist in der Bilanz dennoch denselben GoldWERT aus. Und niemand merkt's.

Etwas aber sollte ganz bestimmt nicht bemerkt werden: daß Österreich und Deutschland selbstverständlich Teile ihrer Goldvorräte an den IWF (Internat. Währungsfonds, er verfügt ja auch über 2500 Tonnen Vorräte) und die EZB abtreten mußten. Das ist politisch wohl nur schwer zu verkaufen, das einzugestehen hat noch niemand gewagt. Es wäre zu greifbar für die Bevölkerungen.

Was im übrigen noch etwas zeigt, es wurde an dieser Stelle bereits darauf hingewiesen: daß die Nationalbanken selbst aus diesem Gründlein großes Interesse an einem hohen Goldpreis haben. Denn das gibt immer noch gewisse zusätzliche Spielräume für die Schuldenpolitik der Regierungen.  Fällt der Goldpreis eines Tages wieder, kann ja niemand etwas dafür, das sehen die Bevölkerungen ja auch so. In Zeiten, wo es immer Außenfaktoren sind, die uns belasten - DIE Weltwirtschaftskrise, DER Ölpreis, DER Energiepreis etc. Schicksalsfaktoren, alternativlos, und so weiter.

Nicht zu verachten ist aber auch die inflationshemmende Wirkung, denn hohe private Goldbestände binden Liquidität, wirken also geldmengensenkend. Schon gar, wenn die Leut dem Wahn verfallen zu meinen, sie könnten oder müßten mit Gold ihre Leben sichern, und viel Gold kaufen. Also kann auch aus diesem Grund ein Staat noch ein bisserl Tempo an der Notenpresse zulegen, die liquide Umlaufsumme bleibt dennoch gleich. Weil die Goldnarren, die Monat für Monat vor ihren Kontoauszügen am Bildschirm sitzen, und sich einen Ast abfreuen, weil sie wieder "reicher" geworden sind,*** brav ihr Geld dem Binnenmarkt entziehen, die Umlaufmenge verringern, sodaß mehr Staatsgeld Platz hat. So macht es auch Sinn, wenn (was von manchen Seiten kritisiert wurde) die europäischen Nationalbanken vereinbart haben, nie mehr als 500 Tonnen im Jahr zu verkaufen. Das wirke preistreibend, sagen die Kritiker. Na was sonst ist der Sinn?!

Vorausgesetzt, man findet überhaupt noch dieses nationale Gold, das da in Fort Knox oder in Zürich und London in tiefen tiefen Kellern verborgen liegen soll. Dorthin angeblich verbracht wurde, weil man fürchtete, daß ein eventueller sowjetischer Angriff diese binneneuropäischen Goldreserven gefährden hätte können. Die heutigen Leut fressen doch eh jeden Unsinn. Ausgerechnet dann wurde es dorthin verbracht, als der Kalte Krieg zu Ende war, der Ostblock zerfiel?

Im übrigen aber: auch solche Auslagerungen sind nicht neu. Schon im 18. Jhd., und noch mehr im 19., war London und zunehmend die Schweiz die Finanzierungs- und Goldlagerstätte der halben Welt. Und hat in so manchen Kriegen sämtliche jeweiligen Kontrahenten mit Geld versorgt. 

Aber selbst, wenn wirklich physisch jemand aus Österreich und Deutschland mal anreist, um zu sehen, was er sieht - wissen, wissen tut er es dennoch nicht. Denn auch Gold hat keine Mascherl, und ob die USA (oder London) nicht längst den Feingoldanteil verringert haben, um sich ein wenig mit zu finanzieren, oder ob sie all den Ländern, die vielleicht mal sehen wollen, wo liegt, was sie geliefert haben, nicht immer denselben Palettenstapel zeigt, weiß nur der Liebe Gott. Kontrollieren kann es eigentlich niemand. Eigentümlich klingt, wenn die US-Notenbank, wie jüngst passiert, die Anreise eines deutschen Kontrolleurs (erstmals; dabei müßte das alle drei Jahre passieren) Da müßte Fort Knox also dieses Gold regelrecht einschmelzen, nur dann ließe sich der Feingehalt kontrollieren.

Und so wird der Vorhang, der das Gold verbirgt, immer dichter, das Licht der realen Präsenzen immer weniger. Wie überall, steigt auch beim Gold mit der "allgemeinen Informiertheit" das Nichtwissen. Als voriges Jahr ein deutscher Nationalbankvertreter nach Fort Knox anreisen wollte, um physische Bestandskontrolle zu machen, wurde das abgelehnt: es gebe in Fort Knox keine Besucherräume ...****




*Insgesamt wurden in der Menschheitsgeschichte rund 170.000 Tonnen Gold abgebaut, etwa so viel ist weltweit auch aktiv vorhanden. Bei einem jährlichen Abbau von dzt. 2500 T, schätzte man 2011 die Goldvorräte in weltweit vorhandenen Abbaustätten auf noch rd. 51.000 Tonnen. Jährlich die größten Fördermengen stammen aus China (13%), Australien und USA (je 10 %).

**Das beweist das Spanien des 17. Jhds., das eine Wirtschaftskrise gewaltigen Ausmaßes durchlebte - durch das Gold aus Südamerika. Niemand wollte mehr arbeiten. Die Folge? Immer weniger wurde produziert, das Land verfiel regelrecht, Äcker verödeten, die Wüsten entstanden, wie wir sie heute in Spanien kennen. Gold verlor enorm an Wert, denn es gab ohnehin nichts zu kaufen, Importware hingegen wurde teuer eingekauft. Eine Inflation auf reiner Goldbasis also.

***Der Verfasser dieser Zeilen hat ja sehr amüsante Begegnungen mit der Gruppe von Goldbesitzern, einer ganz eigenen Personenschichte übrigens, zu vermelden. Mit Goldbesitzern, die Monat für Monat in Gold "anlegen", und jeden für dumm schelten, der anderer Meinung ist. Ihr Gold ist, so sagen sie, IMMER Gold (also: viel, sehr viel) wert. Und mit ihrem "Verdienst" lachen sie über die Inflation, sagen sie, der Goldpreis steigt ja seit 15 Jahren schneller als die Inflation. Nur: haben die auch einmal daran gedacht, daß sie im Gegenteil GAR NICHTS verdienen, sondern nur hypothetische Goldwerte ausgerechnet in jener Währung ausweisen, deren Zusammenbruch sie fürchten? Weil dann immer noch Gold als Zahlungsmittel akzeptiert wird? Das stimmt nur sehr bedingt. Versuche man doch, mit einem Barren Gold am Naschmarkt fünf Semmeln zu erwerben!? Sehr bald wird man als Wechselgeld dreizehn Petroleumlampen und fünf Thonetstühle im Vorzimmer stapeln, und am nächsten Tag wahrscheinlich gleich DAMIT einkaufen gehen. Denn Gold nimmt gar niemand mehr. Was soll man damit? "Werte" sammeln? Wozu dient ein "Wert"? Ab wann ist es einer?

Was hat jemand verdient, dessen Gold im Wert steigt? GAR NICHTS. Er hätte es nur, wenn er es auch verkaufte. Genau das wollen diese Leute ja nicht. Was wäre nämlich dann? Dann haben sie dasselbe Problem: Papiergeld in der Hand. Nur Gold, Gold zu kaufen wäre jetzt ziemlich dumm, denn der Goldpreis, den sie selbst hochgetrieben haben, ist dann so hoch, daß ihre "Verdienstmöglichkeiten" recht bescheiden werden. Gold, die "sicherste der sichersten Sicherheiten", ist also nur dann ein interessantes Objekt, wenn man damit ... bloß spekuliert. Im Krisenfall unterliegt Gold regelmäßig sogar dem allerhöchsten Wertverfall, weit weit VOR den simpelsten Gebrauchsdingen, wie Zigaretten, oder Eiern, oder Speckseiten, oder gar Klopapier und Seife. Wer braucht in Krisenzeiten Gold? Zum Pflastern der Küche? Wer soll es also kaufen? Man frage die Großeltern, ob sie sich noch erinnern, als man einen Goldbarren für fünf Eier und ein halbes Kilo Speck bezahlte. Wertbeständiges Gold? Da sind fünf Stangen Pall Mall noch sicherer im Wert. Raucher zahlen jeden Preis, wenn sie trocken sind.

Es gibt nur einen halbwegs sicheren Wert in dieser Welt - und das ist man selber. Mit seiner Arbeitskraft, vor allem aber mit seiner schöpferischen Individualität. Gerade die ist in Krisenzeiten auch am meisten gefragt.

****Aber es soll nun doch ernst werden: Angeblich werden in absehbarer Zeit 150 Tonnen nach Deutschland rückgeholt (und auf Feingehalt kontrolliert).





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