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Sonntag, 2. Dezember 2012

Schützengräben II

aus 2007) Bei Ypern (Belgien) wurden von Archäologen Schützengrabensysteme ausgegraben, die nach dem 1. Weltkrieg sämtlich zugeschüttet worden waren. So sollte das Leben der Soldaten, die jahrelang in diesen Graben leben und kämpfen mußten, sowie Kriegstaktiken rekonstruiert werden.

Im Laufe der Monate und Jahre wurden die Gräben zu regelrechten Wohnanlagen ausgebaut, denen es nur am Tageslicht fehlte. Speziell Offiziere hatten nahezu alle zivilen Annehmlichkeiten, natürlich in primitiverer Ausführung, immerhin "lebten" sie hier. Gigantische Systeme, ja ganze Städte wurden so angelegt, meist von Arbeitern, keinen Soldaten. Noch heute brechen Bauern auf ihren Äckern in Gräben ein, verschwinden Kühe oder gar Menschen.

Bei Infanterie-Attacken aus den Gräben heraus war die erwartbare Todesquote 50 %, Angriffe deshalb mehr und mehr vermieden worden, bis sich die Heere fast zwei Jahre nur noch gegenüberlagen und sich belauerten. Jahrelang kam es an diesem Frontabschnitt somit zu keinen nennenswerten Schlachten. Dennoch wurden alleine durch die jeweiligen Scharfschützen jährlich 30.000 Soldaten getötet. Die Kriegstaktiken waren aber erschöpft, auch Gasangriffe mehr und mehr wirkungslos geworden, weil beide Seiten darauf zu reagieren lernten. Wobei die gefährlichsten Granaten - Senfgas - dadurch wirkten, als sie die giftige Flüssigkeit versprühten, die dann auf der Haut schwerste Verätzungen hinterließ, sollte man es nicht eingeatmet haben.

Aber man trug auch den Tod mit in die heimischen Stellungen zurück: Auch die Kleidung war durch Tropfen des vorerst flüssigen Gifts kontaminiert. In der Kälte war noch keine Reaktion der auf der Kleidung kaum sichtbaren Chemikalie zu bemerken. Kamen die Soldaten aber zurück in die eigenen Gräben, in die geheizten, wärmeren Unterstände, reagierten die Senfgastropfen, wurden zum ätzenden, tödlichen Gas, das so ganze Gräben ausrottete.

Kennzeichnend für den Stellungskrieg an der Westfront und speziell bei Ypern waren die pausenlosen Artillerie-Bombardements, die die Front jahrelang kennzeichneten und wahre Mondlandschaften hinterließen. Diese ununterbrochenen Einschläge und Detonationen führten bei fast allen Soldaten zu schweren Nervenschäden, keiner hielt dieser Belastung lange stand, spätestens nach einigen Monaten zeigten auch die härtesten Männer Wirkung. Unzählige litten zeitlebens an schweren Zittertraumata, die ein normales Leben unmöglich machten.

Erst durch die Einführung der Tanks (Panzer) sowie durch neue Flugzeugtechniken, die zielgenauen Bombenabwurf ermöglichten, war es den Alliierten ab 1917 möglich, die deutschen Fronten zu durchbrechen, den Krieg letztlich zu entscheiden. Die Panzerungetüme, gegen die die Deutschen vorerst keinerlei Gegenmittel hatten, brachten die gegnerischen Schützengräben beim Überfahren zum Einsturz, sodaß sehr häufig die darin befindlichen Soldaten von der Erde erdrückt wurden.

Voriges Jahr gab es weltweit nur noch 4 Männer, davon 3 in Australien, die als Soldaten im 1. Weltkrieg gekämpft hatten und somit Augenzeugen sind.


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