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Sonntag, 10. Februar 2013

Sinndestillation des Geschöpflichen

Es gibt ein Sakramentenverständnis, schreibt Louis Bouyer, das direkt zur A-Religiosität führt. Nämlich zu meinen, die Sakramente wären von Jesus willkürlich eingesetzt worden, ohne daß sie Bezug zur in den Dingen und Handlungen bereits bestehenden Symbolik hätten. In Wahrheit geht die Symbolik der Handlung voraus, und zwar nicht nur, was seine ausdrückliche Erklärung, sondern auch was seine von ihm unterschiedene Bedeutung betrifft.*

Das Symbol wird zum Zeichen, wenn man seinen ursprünglichen Sinn beachtet, ihm aber absichtlich bestimmte genauere Bedeutungen beilegt. Dagegen ist der bildliche Ausdruck irgendeiner Wirklichkeit, die ganz ohne seine Hilfe begriffen wird, nur eine künstliche Chiffre. Wenn er vollständig von aller spontanen Symbolik losgelöst ist, sinkt er zur rein konventionellen Zeichensprache herab.

Die Liturgie macht also nicht aus profanen Handlungen religiöse. Sondern sie deriviert aus den menschlichen Handlungen ihre höchste Sinnerfüllung, indem sie ins Himmlische hinein verlängert werden. Dort setzt die Religiosität an - im natürlichen menschlichen Vollzug, der der religiösen Welt in dieser Weise nicht "gegenübersteht", wenn sie auch noch nicht im Vollsinn ist. Umgekehrt kann das religiöse Symbol nicht geistig-abstrakte Vorstellungen einfach (quasi didaktisch) umsetzen wollen, ohne sich auf das Geschöpfliche zu beziehen. Die Schöpfung an sich (und damit natürlich der Mensch) ist auf Gott ausgerichtet - und darauf nur kann religiöse Symbolik aufbauen. Jesus Christus hat mit den Einsetzungsworten nicht Willkür obwalten lassen**, sondern eine bereits bestehende Symbolik und Bedeutung weitergeführt: die Handlungen an sich waren bereits für diesen höchsten Sinn vorgesehen. 

Man verbaut sich jedes Verständnis für die religiöse Zeichensprache und vor allem für die rituellen Symbole, wenn man sich vorstellt, eine Handlung sei nachträglich ausgedacht worden, um Begriffe, die zunächst auf abstrakte Weise entwickelt wurden, zu veranschaulichen oder dramatisch darzustellen. Wenn dieser künstliche Symbolismus im Ritual Eingang findet, bringt er ihm in kürzester Zeit den Tod.

Wer die religiöse Symbolik in diesem Punkt auseinanderreißt, hat als Ergebnis auf der einen Seite den Nominalismus und Intellektualismus bzw. den Pseudo-Reitualismus der (praktischen) Liturgie der Gegenwart, und auf der anderen die Magie und den Aberglauben bzw. den Ritualismus.

Das im übrigen offenbart erst wirklich den tiefen Graben, der zwischen heutigen Denk- und Weltanschauungsformen, dem Technizismus der Gegenwart, und dem Religiösen an sich besteht. Es sind prinzipielle Unvereinbarkeiten. Der Technizismus läßt sich nicht "taufen". Er IST der Widerspruch zu Gott.





*Das hat in dieser Weise verstanden noch nichts damit zu tun, daß Ritus an sich nur als Handlung Gottes selbst verstanden werden kann. Wo diese Überzeugung aufhört, hört ohnehin jeder Ritus auf.

**Deshalb ist z. B. die fast ausschließlich anzutreffende offizielle Argumentation, die Bindung der Priesterweihe an den Mann sei eben so, "weil Jesus sie so gewollt habe", nicht einfach nur verabscheuenswürdige Feigheit (oder grenzenlose Dummheit), sondern Gotteslästerung.





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