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Donnerstag, 7. Februar 2013

Und willst Du nicht mein Bruder sein ...

Amsterdam hat nun beschlossen, berichtet die Welt, "Ausländer- und Homosexuellenhasser" offiziell zu schikanieren (wörtlich: Treiteraanpak). Wer aggressiv gegen Ausländer ist, oder Schwule/Lesben diskriminiert, kann zukünftig für ein halbes Jahr das Wohnrecht in der Stadt verlieren. Gleichgültig, ob ihm die Wohnung oder das Haus gehört oder nicht, in dem er nun wohnt. Solche Personen sind offiziell unerwünscht, und werden vorerst für ein halbes Jahr in Container am Stadtrand umgesiedelt. Dort "können sie nachdenken", so der Bürgermeister Eberhard van der Laan. So sollen die vielen latenten Herde von Nachbarschaftskonflikten in der Stadt bereinigt werden. Die Kosten für die Maßnahme wurden auf 1 Million Euro geschätzt, man geht vorerst von jährlich 7 bis 10 Fällen aus.

Die Idee selbst kommt aus dem skandinavischen Raum. In Dänemark gibt es längst "Skaeve Huse", Häuser außerhalb der eigentlichen Städte, die oft schon "Dörfer des Abschaums" sind, in die Menschen, die für das normale Sozialleben nicht mehr "tauglich" sind (psychische Auffälligkeiten, Kriminelle etc.), ausgesiedelt und psychosozial betreut werden. Meist sind es übrigens Männer ab 40.

Auch in Utrecht soll so ein Haus entstehen. Das Projekt scheitert aber noch am Widerstand der Bevölkerung. Niemand will diesen Abschaum in seiner Nähe haben.

Historisch gesehen ist daran freilich nichts Sensationelles. Immer gab es unerwünschte Bevölkerungsgruppen, manchmal mehr, manchmal weniger offen. Unter dem Schock der Hitler'schen Konzentrationslager hat man im Westen diese Idee nur einige Jahrzehnte eher abgelehnt. Sie kommt nun immer rascher und mit neuen inhaltlichen Prämissen wieder: Wer dem offiziellen Wertegefüge aber nicht entspricht, wird erst nicht beteiligt*, und schließlich dezidiert ausgeschlossen.

So, wie man in allen Kulturkreisen, auch in der Antike, Scharfrichter, Gewerbe die mit Blut (als Träger des Lebens) oder Schmutz und Gestank (wie Gerber und Färber) zu tun hatten, oder schlicht "unreine Gewerbe" oder Stände - häufig mit eingeschränkten Bürgerrechten (u. a. Recht auf Eigentum an Grund und Boden) - außerhalb der Stadtmauern ansiedelte. Vor allem auch jene, die zu wenig Ambitionen zeigten, sich durch Verwurzelung auch als Verantwortungsträger in einer Gemeinschaft zu etablieren.

Derselbe Gedanke steckt hinter Sklavenkolonien, Galeerenstrafdienst, Konzentrations- oder Arbeitslagern, ja ist eine der Grundintentionen des Gefängnisses.

Interessant ist also, daß die political correctness als voluntaristisches Wertegefüge die frühere immanente, weltanschaulich-religiöse Geschlossenheit und Wertegemeinschaft der Bevölkerung sehr präzise nachbildet, ja teilweise regelrecht uralte Strukturen wieder etabliert. Aber sie pervertiert sie: nur die Begriffe bleiben gleich, ihre Inhalte werden ausgewechselt.

An sich ist die Ausschließung Andersdenkender, anders Lebender, ja weder neu, noch wäre sie gar verwerflich, und sie kam nie außer Gebrauch. Schon Kain wurde nach dem Mord an Abel verstoßen, und irrte fortan umher, ruhelos, ohne Wurzeln. Das ethische Problem kann aber nur in Zusammenhang mit dem erfaßt werden, was eine Norm konstituiert. Denn hier gibt es in der Tat eine Natur, die zu schützen legitim ist, und etwas das sich zwar als Gemeingut ausgibt oder von allen als solches angesehen und dargestellt werden kann, aber in Wahrheit widernatürlich und destruktiv, also gar nicht in der Lage ist, Wertebasis eines Volkes zu sein.

Die political correctness, die ohne Medien und Propaganda überhaupt nicht existieren könnte, zeigt also keineswegs eine "neue Wertebasis" der Gemeinschaften an, sondern bleibt eine unnatürliche Zwangsjacke, in die man freilich ein Volk durchaus stecken kann. Sie wird also über den schizoiden Zwangscharakter (u. a. durch Umdeutung der Begrifflichkeit) nie ablegen können, wird schon aus prinzipiellen Gründen nie wirkliche Wertebasis sein können.

Deshalb zeigen ja Erhebungen oft so erstaunliche Wirkungslosigkeit des Werteumbaus, wie er politisch gewünscht wäre. Worauf meist (siehe die Reaktionen auf die periodisch erstellten Wertestudien über Jugendliche) mit noch mehr Herauslösung aus traditionellen Umfeldern, die rasch als Übeltäter diagnostiziert sind, reagiert wird. Das einzige aber, was man durch solche Umerziehung wirklich bewirkt, ist die Verflüchtigung der Liebe, die Herstellung eines Klimas absoluter menschlicher Kälte. Genau das Gegenteil also, was man behauptet. Und die Zunahme dieser Kälte ist empirisch eindeutig. Maßnahmen wie die obigen belegen es nachdrücklich. Sie liegen in der klaren Tendenz der Gegenwart, alles, was "mühsam" ist, auszuschließen. Alles. Aber Mühe ist das Kriterium der Weltgewinnung überhaupt. Die Ausschließungen früherer Zeiten waren Gegenwehr gegen Destruktion. Heute sind es solche, die die Destruktion durch Eliminerung des Natürlichen zu einem "Ding" festigen sollen, das ohne Zwang, vor allem aber ohne Laster, also durch Tugend, sofort zerfallen würde.






*Seit einigen Jahren wird z. B. die Kultur- und Kunstförderung der Stadt Wien explizit (implizit ohnehin schon länger) an Thematiken und Wertentsprechungen (Hauptpunkte: Migration/Integration - Homosexualität - Feminismus) gebunden. Entspricht ein eingereichtes Projekt nicht diesen Anforderungen, wird es automatisch abgelehnt und kann deshalb meist gar nicht oder lächerlich eingeschränkt stattfinden. Das Kulturbudget der Stadt Wien für 2013 nennt ganz offen diese Kriterien, und erhebt sie zu "kulturpolitischen Zielsetzungen". Dem Verfasser dieser Zeilen ist kein einziger Kunstausübender bekannt, der sich offiziell gegen diesen massiven Angriff auf die Freiheit der Kunst ausgedrückt hätte.




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