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Mittwoch, 20. März 2013

Auch das ruiniert die Politik (1)

Die Politik regelt eine Erscheinung, und löst einen Rattenschwanz an Reaktionen eines natürlichen Systems - das sich aus Selbstinteressen der Entfaltung entwickelt -  aus, die sich um diese Entscheidung herumbiegen wollen, weil müssen. Wir kennen das zur Genüge, haben es an zahlreichen Beispielen vom "zweiten Leben" in totalitären Systemen immer wieder darzustellen versucht.

Wenn nun einer der Sprecher des Fußballvereins FC Bayern München, Karl Heinz Rummenigge, im Fachblatt kicker verlauten läßt, die Politik solle sich um Gottes willen aus dem Fußball heraushalten, so hat das exakt denselben Hintergrund. Rummenigge verweist nämlich auf eine Regelung, die bereits 1995 die Politik vornahm, und deren Auswirkungen fatal waren. 

Im Zuge des sogenannten "Bosmans-Urteil" - den genauen Ablauf des Falls aus 1995 mit seinen Folgewirkungen schildert der Stern - kam es nämlich zu einer Regelung durch die Brüsseler Behörde. Im Glauben, Mißstände abzuschaffen, griff die Politik in die Speichen des Fußballs, und verbot einfach Ablösesummen. Aus dem vermeintlichen Schutz der Fußballer wurde eine Dynamik, die mittlerweile die gesamte Struktur des europäischen Fußballs nachhaltig beeinflußt, ja zerstört hat. Die realen Folgen, die diese Einmischung in einen an sich stabilen Organismus "Fußball" nach sich zog, in denen das natürliche Interesse und Leben der Vereine Wege und Auswege suchte, sich zu erhalten, waren Konzentrationsprozesse bei den Vereinen, enorme Steigerungen bei den Gehältern von Spielern auch eher durchschnittlicher Fähigkeiten, und vor allem eine Zweiteilung des europäischen Fußballs in eine "Königsklasse" und "den Rest". Mit einer kaum noch zu durchstoßenden Trennwand. Nur noch Vereine mit gewaltigen Budgets sind in der Lage, dieses Tempo mitzumachen, das durch die Logik des medialen Interesses auf immer weniger Vereine eindampft. Gleichzeitig schneiden sich Vereine ihre Fundierung in ihrem Raum ab. Eigener Nachwuchs kommt immer schwerer und seltener in die Hauptmannschaften, und der Umgang mit Talenten wird immer extremer - für die Talente, wie für die Vereine.

So wie ein Fernsehkonsument mit der Zeit nur noch die Darbietungen immer weniger als Maßstab erfährt - und verlangt - verliert der Fußball (in diesem Fall, sinngemäß gilt dies für alle übrigen Sportarten) seinen Unterbau, seine Verankerung als Sportverein "für alle", aus dem in Ausleseprozessen und Kämpfen die Spitze hervorgeht. Ein, zwei Dutzend Vereine maximal bestimmen heute das Fußballgeschehen in ganz Europa, und innerhalb dieser kleinen Gruppe dominieren wiederum einige wenige. Die finanzielle Basis hunderter, tausender Vereine, die noch 1967 einen Wettkampf zwischen dem Wiener Sportklub und Juventus Turin (7:0) zu einem immer wieder möglichen Überraschungsereignis machten, ist nicht ausreichend, und wird es auch nie sein, um diesen Gigantenwettbewerb mitzugehen. 

War es vor dem Bosmans-Urteil und der darauf folgenden Regelung noch gewöhnliche Praxis, aus dem Verkauf von Spielern aus dem eigenen Nachwuchs das Budget europaweit in halbwegs ähnlichen Proportionen zu halten, ist dies heute unmöglich. Große Vereine suchen europaweit bereits in frühestem Stadium nach Talenten, um sie an sich zu binden. Ligen kleinerer Länder verkümmern zum langweiligen Rest vorausgesuchten Mittelmaßes. Überall, nicht nur in Österreich. Während gleichzeitig der Anteil an Spielern die nicht aus dem EU-Raum stammen, die aber nicht diesen Regelungen unterliegen, enorm gestiegen ist, und auch damit heimischen Spielern - selbst wenn sie talentierter wären - den Platz in den Mannschaften wegnehmen. Kaum eine Mannschaft in Europa, die nicht ein oder mehrere Spieler aus Afrika oder Südamerika beschäftigt. Über die genauen Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge möge sich der geneigte Leser ein Bild aus Fachmedien machen, es hier zu wiederholen ist nicht der Platz.

Aber es wäre nicht heutige Politik, wenn sie nicht wie die EU jetzt versuchte, die selbst ausgelösten negativen Entwicklungen durch weitere Regelungen wieder eindämmen zu wollen. In 8 Punkten - der Kicker stellt sie vor - sollen nun alle diese Fehlentwicklungen zumeist durch Verbote korrigiert werden. Die Folgen sind absehbar: Aus noch mehr Regelungen von oben werden noch mehr Fehlentwicklungen folgen, das ist so sicher wie das Amen im Gebet. So wie in allen Bereichen die die Politik sich vornimmt, die in dem Appell enden: "man müßte nur ..." In denen zugleich die Sollbruchstellen vorgegeben sind, die Dolchstoßlegenden a priori, mit denen das Scheitern der Bösartigkeit der aus allem natürlichen Gleichgewicht geschobenen Organismen zugeschrieben wird. Und sich die Politik jeder Verantwortung begibt - nicht SIE war es, nein, es war die Schlechtigkeit der Menschen. Denn damit konnte ja niemand rechnen.

Niemand? Jeder. Jeder, der noch einen Funken Verstand bewahrt, diesen nicht in utopistische, zweitwirkliche Rationalismen delegiert hat. Auch hier wird sich also die Wirklichkeit des Fußballs in Europa ihre Wege suchen, als Zusammenfluß des Überlebenskampfes natürlicher Teilorganismen ein Zweitleben zu führen, das dem ersten, vorgeschriebenen, formal entspricht, aber der Wirklichkeit selbst im Schattenleben ihr Recht beimißt. Weil die Politik nicht erkennt, daß ihre Kriterien auf eine nur noch erschreckende Weise nicht mehr die Kriterien der Natur der Dinge sind, die zu repräsentieren ihre Aufgabe, die "zu gestalten" aber ihre Verstiegenheit geworden ist. Sport, und im speziellen Fall Fußball, wird also zum exemplarischen Fall.

Um diese Natur zu definieren, ist es aber notwendig, sich mit dem Wesen des Fußballs, und mit ihm mit dem gesamten Sport, näher auseinanderzusetzen. Erst so wird ja erkennbar, was die Natur einer Sache ist, die sich immer durchzusetzen versuchen wird. Sobald sie das nicht mehr vermag, stirbt solch ein Organismus. der immer mehr ist als eine Maschine, deren Logik also immer nur eine aposteriorische, nachträgliche in Ursache-Wirkung sein kann. Aber alles Werden, alles Gelingen ist ein Geheimnis, und nicht vorherberechenbar. Womit wir beim Thema wären.




Teil 2 morgen) Kleine Philosophie des Sports





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