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Freitag, 22. März 2013

Auch das ruiniert die Politik (3)

Teil 3) Was das Zusehen mit dem Zuschauer macht -
samt einem kleinen Exkurs zum Theater





Wenn also der Blick in die Antike deutlich macht, in welch kultischem Rang Sport einst gestanden ist und es im Grunde ohne Abstriche heute noch tut, so ist das keine "bedauerliche Entgleisung", sondern wurzelt tief im Wesen des Menschen, in seinem Dasein in einer gefallen menschlichen Natur. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Den Sport als minderwertiges Brot für die primitiven Massen abzutun entspringt derselben Herzensquelle wie die, das Rosenkranzbeten der alten Frauen vor jeder Messe oder so viele der einfachen religiösen Bräuche, die im Kirchenjahr zu finden wären und ohnehin schon so ausgedünnt sind, immer seltener noch weitergegeben werden, milde und dabei abwertend zu belächeln. Er ist auch weit mehr als "vermassendes Erlebnis", so sehr er zu diesem werden kann. Auch diese Bewertung geschieht meist viel zu voreilig, und bezieht ihre Kraft aus einer völlig verkehrten individualistischen, Sicht des Einzelnen, die ihn monadisiert. 

Schon darin wird es deutlich, zu sehen, was das Theater - als säkularisierter Ast des Heiligen Kults, der aber am selben Stamm wächst - als allererstes konstiert. Und das ist der abgezirkelte Raum, der die Trennmauer zieht zwischen Spiel - und Ernst. Die meisten Vorwürfe, die man manchem Unwesen des Sport seinen Wirkung auf Zuseher betreffend macht, beziehen sich deshalb ausschließlich auf die mangelhafte Abgrenzung von Spiel und Ernst. In einer Welt wie der heutigen, wo die Welt selbst zum Spiel verkommt - eine der katastrophalsten Auswirkungen des Sozialstaates - ist es nicht verwunderlich, wenn der Bezirk des Spiels mangels Abgrenzung auf den Ernst des Lebens selbst übergreift. Den es für viele ja gar nicht mehr zu geben scheint. Ja, sogar der große Begriff der Liebe wird ja längst zum Plättungswerkzeug mißbraucht, um die Lebenswelten aufzulösen. Genau damit aber löst man die Liebe selbst auf.

Nicht jede Ansammlung von Menschen ist also das, was man mit "Vermassung" bezeichnen darf. Selbst der Beleuchtungsunterschied zwischen Bühne (Spielfeld) und Zuschauerraum trägt dabei seine Bedeutung. Denn zwar ist im Dunkel des Auditoriums die Figur des Einzelnen nicht mehr vorhanden, aber gerade durch dieses Dunkel ist es ihm möglich, bei sich selbst zu bleiben, ohne jede Mühe des Weltseins, und damit für sich zu erleben, was er eben erlebt. Während im Spiel (Kunst, Sport) das Leben selbst damit gewissermaßen gefeiert, ausprobiert wird, ist die politische Masse bzw. Vermassung eine sehr ernste Größe, die nicht jederzeit abzubrechen ist, und alleine aus diesem Umstand den wesentlichen Unterschied klar macht.

Sohin befinden wir uns, aus einer anderen Richtung kommend, aber wieder mitten im Ausgangsthema dieser Ausführungen. In dem es nämlich um die Frage nach Berechtigung und Ursprung von "Ablösesummen" geht. Die seinerzeit den niederländischen Spieler Bosman dazu bewegte, seinen Verein zu verklagen - und zu seinen Gunsten von den Gerichten entschieden wurde. Um die Deformierung zu erfassen, die dieses Urteil selbst bereits war, das nämlich von einer Fehlbewertung vermeintlicher Menschenrechte erwuchs, müssen wir uns mit dem Verhältnis Spieler (Akteur) und Verein befassen. Es wird zum exemplarischen Fall in einer viel grundsätzlicheren Hinsicht - weil es eine Auseinandersetzung mit den Zusammenhängen zwischen Person und Gemeinschaft geht.




Teil 4 demnächst) Über die Zusammenhänge des Einzelnen 
mit der Gemeinschaft, oder: Persönlichkeit heißt nicht Individualismus





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