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Donnerstag, 7. März 2013

Fragmentarische Würfe

Man hat oft gemeint, man könne "unterentwickelte" Landstriche - man denke in Österreich ans Waldviertel, an Gegenden der Steiermark - dadurch "entwickeln", indem man sie mit Schnellstraßen und Raschverbindungen durchzöge. Was ist eingetreten? Die Zentralisierung, das rasche und endlose Wachstum der Großstädte geht unvermindert voran, dafür aber bluten genau diese Landschaften noch rascher aus. Weil die Sogwirkung der Großstädte, die geistige Vereinnahmungsglocke der Medien alles (virtuell) verstädtert, und das heißt: vom Land entwurzelt.

Nur langsame, orstbezogene Straßen und Verkehrswege bewahren eine Landschaft vor dem Ausbluten. Aber sie haben einen Gesamteffekt, der sich langfristig so auswirkt, daß auch die Städte austrocknen: denn ein Volk braucht den Gegensatz von Stadt und Land. Eine Stadt lebt von der Substanz des Landes, man kann es drehen und wenden wie man will. Nicht nur in der menschlichen Substanz, sondern ganz konkret auch wirtschaftlich. Die Zentralisierung eines Landes, getragen vom Leitbild der Geschwindigkeitserhöhung, der Zeitüberbrückung, bedeutet die Überwälzung von menschlicher Substanz, von Leben, auf Geld.

Man hat oft argumentiert, daß diese Beschleunigung volkswirtschaftlichen Nutzen bringe. Daß sich die Wirtschaftsleistung eines Landes dadurch steigere. Baut der Staat, eine Kommune eine Brücke, so berechnet sich sein volkswirtschaftlicher Nutzen aus der Anzahl der Nutzer, und deren für einen bestimmten Weg eingesparten Zeit. Aus diesem Grund wurden ja unsere Länder mit breiten Autobahnen und Hochleistungsbahnstrecken durchzogen. Jede Untersuchtung bestätigt, daß im Ganzen gesehen der Umfang der Transferzeiten für niemanden gesunken ist. Nur die Wege haben sich vervielfacht, die durch die Aufgliederung in jeweils "optimierte" Detailabläufe jedem nun zusätzlich entstanden sind. Im Zeitalter der Beschleunigung hat niemand mehr Zeit ...

Das Gegenteil ist eben wahr. Die volkswirtschaftlichen Gesamtkosten für solche Zentralisierung sind noch nie leistbar gewesen. Ein Volk, ein Land kann gar nicht so viel Geld  erwirtschaften, wie durch die Technik der Zentralisierung selbst verloren geht. Wir haben nur noch nicht verstanden, wie diese Kostenwahrheit, die sich sehr wohl in Geld ausdrücken läßt, zu ermitteln ist. Es ist ein lächerlicher Trugschluß zu meinen, wenn alle sich Mühe ersparen, daß die Gesamtwirkung höher liegen sollte, oder auch nur gleich bleibt. Und unsere Beschleunigung, unsere Ortslosigkeit, unsere Zeitterminierung, dient einzig einer immer weiter um sich greifenden Trägheit, als die Mühelosigkeit sich in Folge ummünzt.

In der Verstädterung des Landes (im Zentralismus) passiert nämlich etwas Folgenschweres: Das Land zieht sich zurück, es verschließt sich, je breiter die Tore der Stadt sind, je weiter sie vorgeschoben sind. Damit fehlt den Menschen aber das Verjüngende, das Chthonische, Chaotische, das Land bedeutet. Das Denken der Menschen trocknet damit aus, erstarrt zu bloßen Gerüsten.

Und genau dort haben sie begonnen, die Schulden. In den Investitionen in die Infrastruktur, von denen noch heute genug Narren glauben, daß sie uns blieben. Anstatt  zu sehen, was jeder Hausbauer sieht: Daß ein Haus bauen heißt, es permanent erneuern zu müssen, daß eine Investition also auch gleichzeitig Kosten in Höhe der "Investition" bedeutet. Die Schulden bleiben natürlich obendrein, denn seltsamerweise geht diese volkswirtschaftliche Profitrechnung so gar nie auf. Also werden Steuern erhöht. Und noch heute und wieder und unausgesetzt werden Schulden gemacht, um "zukunftsorientiert zu investieren". Wüßte doch nur ein Bruchteil der Verantwortlichen, wovon überhaupt die Rede ist!

Das ist einer der wahren Ursprünge unserer Wirtschaftskrise. Allmählich zeigt sie sich ja, diese Wahrheit, allmählich sind die Systeme nicht mehr zu stemmen. Aber es wird noch Jahrzehnte brauchen, bis das in die Köpfe der Menschen vorgedrungen ist.





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