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Montag, 18. März 2013

Vorzeichen des Schweigens (1)

Es ließen sich längst Bücher zur Thematik schreiben, und würde der Verfasser dieser Zeilen das als seine Aufgabe sehen, er würde es auch längst getan haben. Aber das tut er nicht. Doch er verfolgt, quasi aus den Augenwinkeln, das Thema, und oft mehr, als er eigentlich vor hatte. So auch an diesem Tag, als er die Bearbeitung des Blog schon beenden, sämtliche Zeitungen schließen wollte, und denn doch noch über einen Artikel stolperte ... der ihm an diese Stelle zu gehören schien. 

Als unlängst der vom Verfasser dieser Zeilen sehr geschätzte Botho Strauß (auch er lebt völlig zurückgezogen, in seinem Haus in der Uckermark) in einem Interview nach dem Zustand der Gesellschaft gefragt wurde, meinte er sinngemäß: Welche Gesellschaft? Er sehe keine Gesellschaft. Er sehe nur Einzelne, Gruppen, Individuen, aber keine Gesellschaft. Gesellschaft habe sich heute in eine Dauerdebatte aufgelöst.

Brechen wir diese Generalaussage, die ja eine Würdigung der Medien enthält, die eine Replik auf den fehlenden Wirklichkeitsgehalt unseres Denkens bedeutet, auf ein einziges Detail, jenes, das der Artikel in der FAZ behandelt, über den, wie gesagt, der Autor noch stolperte.

Denn darin geht Jürgen Scharrer der Frage nach, ob denn die Aussage, daß die Werbung im Internet tatsächlich so effektiv sei, wie behauptet würde. Lassen Sie den Verfasser dieser Zeilen ausholen: In der Zeit der Handelsakademie in den 1970er, speziell aber dann in den 1980er, 1990er Jahren, trat auf den Märkten eine eigenartige Sättigung ein. Die Grundversorgung war überall gegeben, möglicherweise erstmals, ja erstmals war grosso modo mehr Einkommen vorhanden, als benötigt wurde. Während also auf den Märkten der Verdrängungswettbewerb so richtig einsetzte, ja Wettbewerb überhaupt zum Verdrängungswettbewerb wurde, mit allen schrecklichen Folgen wie Margenverkürzungen, Gewinnrückgänge etc., begann auf der anderen Seite die Suche nach neuen Produkten. Weil diese aber gar nicht wirklich aufzutreiben waren (man betrachte einmal genau, was seither wirklich auf den Märkten, in den Produktwelten passiert ist!), begann man überall an neuen Konzepten zu arbeiten.

Schlagartig wurde Marketing zur Erfindungsmaschinerie von Mythen. Denn wenn schon die Produkte selbst nicht neu waren, so war es ihre Aura. Public Relations begann seinen fulminanten Siegeszug, und SIE hat in Wahrheit die Medienlandschaft verändert. Und über sie - das Leben, das Verhalten im Alltag. 

In diesem Zusammenhang wird nämlich auch das Internet verstehbarer. Das man niemals von seinen Proponenten trennen kann. Jenen Unternehmen, die es als ihre "neue Schiene" entdeckten, und starkmachtne. So stark, wie es heute ist.

Und sie haben es geschafft, indem sie die Menschen verblüfften. Indem sie nichts anderes taten als neue Mythen von Mensch und Gesellschaft in die Welt zu setzen. Wir alle sind diesem Mythos aufgesessen, ausnahmslos, denn diese neue Art zu wirtschaften traf uns an unserer Achillesferse. Darüber wurde und wird hier schon oft gehandelt. 

So aber fiel und fällt niemandem auf, daß das Internet - sieht man von den wenigen, oft ganz wenigen wirklichen Qualitäten ab, die noch dazu von bestimmten Menschen und Menschengruppen nicht trennbar sind -eine virtuelle Blase reinster Ausprägung ist. Es ist ein Scheingeplappere, das Wirklichkeit simuliert, rational, in Worten abbildet, aber eben nur vorschützt.

Doch weil seine Rolle klares wirtschaftliches Interesse ausdrückte, das sie nämlich implementierte, und man hier von einem PR-Triumph historischen Ausmaßes sprechen muß, in dem es gelang, die ganze Welt zu narren, hat sich der Mythos Internet zu einem Selbstläufer entwickelt. Das hat wesentlich mit der Art des Technikers zu tun, überhaupt zu denken. Und wir alle sind längst zu Technikern, zu Technizisten geworden. Auf unserer zweiten Ebene, der Ebene der Zweitwirklichkeit, um Doderer zu zitieren. Sieht man von jenen ab, die nie dumm genug waren, sich aufs Internet zu stützen, sondern die es nur benutzten, um ihre realen Schäflein ins Trockene zu bringen.

Weil das Internet also ein "Produkt" ist, war seine Zielsetzung auf Geldgenerierung ausgerichtet. Das Handel mit realen Produkten spielt dabei eine nach wie vor sehr untergeordnete Rolle, er ist sogar oft nur mit Mühe überhaupt aufrechtzuhalten. Denn seine Vorteile sind von so vielen nachteilen begleitet, daß auch das nur eine Frage der Zeit ist. 'Geht man den vermeintlichen Vorteilen wirklich nach, bleibt sehr rasch nichts mehr übrig. Auch und vor allem: kosten- und ertragsmäßig. Das Internet wird (wieder der Hinweis auf kritische Systeme) zum Selbstläufer. ABER - es war notwendig, alle glauben zu machen, daß sich reales Wirtschaften auf die Basis dieser Technologie eindampfen würde.

Und dazu gehörte, die Unternehmen glauben zu machen, daß ihnen das Internet zur Generierung ihres realen Geschäftszweckes unterstützend beistehen könnte. Und zwar - in der Werbung.

Wer hat diesen Mythos im Mythos aber maßgeblich produziert? Nun sind wir wieder beim Artikel in der FAZ: jene, die von ihm direkt lebten. Denn natürlich griffen Werbeagenturen und Internetgesellschaften - die Fachleute, also - dieses Medium auf, und priesen in ihrem Rationalismus die Zielgruppeneffizienz, die Paßgenauigkeit, die Flexibilität, etc. etc. der Werbemöglichkeiten an. Bemerkte man Nachteile, manche davon relativ rasch, so, daß die "persönliche Bindung" an das Unternehmen wesentlicher Faktor eines kaufentschlusses ist, reagierte man mediumimmanent - man führte "Internet 2.0" ein, das interaktive Internet. An Details könnte man s.o. Bücher füllen.

Aber alles mit einem gravierenden Nachteil: Sie wirken nicht ... Sie wirken nicht! Internetwerbung ist in einem Ausmaß wirkungslos, wie man es sich innerhalb dieser Gedankenkreise und Auffassungen vom Menschen und dem Wesen seines Kaufens - eine ontologisch fundierte Teilhabe! - nie hätte vorstellen können. Weil aber die entsprechenden Medienagenturen ihr gesamtes Agieren auf dieses Internet abgestellt haben, produzieren sie nach wie vor den Mythos, daß das Internet DAS Werbemedium der Zukunft sein wird. Und niemand stellt die Grundfragen, die notwendigen Grundfragen, die nämlich den Mythos Internet als tönernen Koloss entlarven würden: Ob das überhaupt möglich ist, ob das überhaupt Sinn hat!





Teil 2 morgen) Der Zweck liegt ganz woanders
 - das Internet ist bloßes Mittel




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