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Dienstag, 19. März 2013

Vorzeichen des Schweigens (2)

 Teil 2) Der Zweck liegt ganz woanders
 - das Internet ist bloßes Mittel




Auch die Internetgesellschaft wurde klammheimlich zu einer sich selbst reproduzierenden Gesellschaft, zu einem Selbstzweck. Medienagenturen beraten zunehmen andere Medienagenturen, bieten Dienstleistungen an, wie man das Internet nutzen kann - ohne es selbst zu nutzen!  Ein ganzer Wirtschaftszweig, der höchst eifrig an den Tastaturen sitzt und Internetbilder produziert, und damit Meinung macht, Sichtweisen prägt und beeinflußt, produziert in Wahrheit nur noch Scheinbilder um ihrer selbst willen. Viele von ihnen verkaufen mittlerweile jene Effekte, die sie mit Werbung zu produzieren vorgaben, verkaufen jene Effekte, die sich alle versprachen, sie sie allen versprachen, die aber nie eintraten. Man nehme nur die "Klicks". Man nehme nur die "Implementierungs-Friends".

Ähnlich wie im Bankgewerbe, generiert sich also eine ganze Branche, mit weitreichenden Auswirkungen, aus sich selbst. Handelt mit Produkten, die auf Produkte referieren die auf Produkte referieren, die irgendwann einmal reale Geschäftsvorgänge bedeuten. Bedeuten könnten. Bedeutet haben.

Dabei stellt sich heraus, daß Werbung im Internet auf ganz andere Weise funktioniert, als Werbung im "realen Leben". In Zeitungen, auf Plakaten, im Geschäft, durch reale Kontakte und soziologische Prozesse.

Genau das, was dem Internet als Grundmotiv unterlegt wurde - Information - genau das erfüllt sich nicht, wie sich mehr und mehr herausstellt. Die Internetbenutzer bewerten Internetinformation in einem Ausmaß gering, das zu hinterfragen eine ganze Branche ausheben würde. Es ist ein gravierender Unterschied, auf einem iPhone-Display einen winzigen Banner aufleuchten zu sehen, oder eine Empfehlung wer was gekauft und wie bewertet hat - und einer persönlichen Begegnung, einem Werbespot im Kino oder auch im Fernsehen auf 80cm-Diagonal-Bildschirm, zwischen der Tagesstrukturierung die das Fernsehen immer noch bietet (und: alles was ist, ist nur, weil es Struktur, Form, Ordnung hat), zwischen Familienfilm und Sport.

Mittlerweile stellt sich heraus, was aber noch kaum jemand ausspricht, weil zu viele Existenzen bereits davon abhängen, daß online-Werbung (bzw. Werbung auf social media) klassische Werbung überhaupt nicht substituieren kann. Für Werbeinhalte - und die FAZ zitiert einen anerkannten Werbefachmann - ist das Internet, sind social media gänzlich ungeeignet.

Und das, geneigter Leser, der vielleicht den einen oder anderen darauf Bezug  nehmenden Artikel dieses Blog bereits studiert hat, wird an dieser Stelle ja schon lange behauptet (und erklärt ...) Das Internet funktioniert gar nicht zur Übermittlung von Information im Sinne inhaltlicher Wissensweitergabe "an sich". Es ist eben ein Medium, und als Medium ist es ein Ding, und als Ding eine Botschaft für sich, ist selbst Botschaft, ja, ist NUR Botschaft. Und ist deshalb wie jedes Medium eingebettet in eine Wirklichkeitsfülle, die immer nur auf dem (sinnlich-geistigen) Boden realen Lebensvollzugs stehen kann.

Wer jemanden durch ein Winken mit der Hand grüßt muß nicht darauf achten, ob er "Herr Doktor" oder "Grüß Sie" sagt - der Gruß selbst ist das Winken, und er sagt das Wesentliche. Wer nicht winkt, nur spricht, sagt etwas anderes. Der Verfasser dieser Zielen hat auch aus diesem Grund schon vor etlichen Jahren eine Umgebung gewählt, in der er kein Wort versteht, Ungarn, und er weigert sich auch, die Sprache zu erlernen. Er lebt also - wie Strauß - fast völlig isoliert. Warum? Mittlerweile sieht er sehr deutlich, warum diese Entscheidung richtig war: Er kann nämlich an jeder Kommunikation teilnehmen - OHNE Worte. Er sieht, hört am Tonfall, an den Gesten, was auch immer, wie es den Nachbarn geht, und was für Probleme sie haben. Was immer sich transportiert, was immer kommunikativ ist, vermittelt sich durch das reale, fleischliche Leben. Nicht durch den Text.

Der spielt zwar gewiß eine Rolle, und keine geringe, denn das konkrete Soziale, das Gesellschaftliche, braucht den Vorwurf des Wortes, des Namens, um zu werden. Deshalb ist die freiwillige, ja oft sogar energisch zu behauptende Ausgegrenztheit des Verfassers dieser Zeilen im fremden Land eine Realität. Alles Fleischliche braucht diese Erhebung in das Wort, um wirkliche Wirklichkeit zu werden. Aber es ist ohne fleischliche Realität etwas anderes - nicht mehr Sprache, nicht einmal mehr Kommunikation, sondern nur ein Art im Rahmen von Kommunikation, darin aber bereits textlos. Sprache als abstrakter Text, als abstraktes Denken, Zurückführen des Einzelnen ins Allgemeine des Geistes (wo aber Sprache eben wieder aufhört, denn dort ist nur Schweigen), soll gleichfalls in seiner Bedeutung nicht prinzipiell entwertet werden, aber das tut es auf ganz andere Weise. Im Reflektieren, im Nachgehen dessen, was die reale Welt herangetragen hat, als (unverzichtbarer!) Konterpart zur sinnlich-fleischlichen Realität gewissermaßen, um sich letztlich ... von Sprache, von Text (in aller sozialer Bedingheit) wieder zu befreien, zur Liebe zu befreien. Hier ist von sehr realen Vorgängen die Rede.

Auch hier also gilt, wie so oft heute: Man könnte den Blasen der Gegenwart in aller Ruhe beim Platzen zusehen. Auch Internet und social media werden platzen. Ihre "Bedeutung" ist in höchstem Maß eine herbeigeredete, von Interessen getragene, entspricht einem Wunschdenken, das gerne aufgegriffen wird, weil es uns scheinbar Mühe erspart. Man könnte die Rückkehr zum Realen, die als Sehnsucht immer stärker werden wird, in Ruhe abwarten.*

WENN diese Mythen, diese Illusionen nicht, wie jede Illusion, vorerst einmal großen Schaden anrichten würden. Indem sie jene gewachsenen Böden, von denen sie nämlich eine Weile nur zehren, in Wüsten verwandeln. Kommt die Einsicht, fehlt, worauf man zurückgreifen wollte. Die Printlandschaft wird ebenso devastiert, wie das traditionelle Fernsehen längst devastiert ist. Bleiben wir, in der gebotenen Länge bzw. Kürze, einfach nur bei dieser Branche. 

Auch in diesem Einzelnen zeigt sich aber das Ganze.





*Machen wir uns aber keine Illusionen, daß die massiven Wirtschaftsinteressen, die sehr real sind, die hinter den entsprechenden Marktakteuren und Gesellschaften stecken, das längst wissen oder zumindest ahnen. Sodaß ihre Stoßrichtung eigentlich klar sein müßte: Sie müssen versuchen, die Kommunikationsprozesse SELBST, unabhängig vom Text, zu okkupieren, Das heißt, daß das Netz selbst Inhalten keine Bedeutung schenken kann, diese Illusion aufrechtzuhalten kann bestenfalls marketingtechnisch weil "Moral vorschützend" sinnvoll sein. Der Verfasser dieser Zeilen ist völlig sicher, daß die Entwicklung des Internet längst nur noch darauf abzielt, Wege zu finden, reale Prozesse zu besetzen, die aber ihre Basis außerhalb des Internet besitzen, im Fleischlichen. Mit dem Internet, den social media, wie wir sie heute sehen und einschätzen, hat die Zukunft des Internet/der social media rein gar nichts mehr zu tun. Das wird bestenfalls (schizoides) Mittel zum Zweck sein.