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Freitag, 19. April 2013

Großglockneranteilsscheine

Der Logik der Goldverzückten folgend, empfiehlt das Borschewitzer Institut für Wirtschaftsprognostik in Innsbruck die Investition in Anteile am Großglockner-Fonds. Denn der Großglockner ist noch eindeutiger als Gold in seiner Wertbeständigkeit, besteht aber schon seit hunderttausenden Jahren, ohne daß sich an der Rolle im Leben der Menschen auch nur irgendetwas geändert hätte, und je ändern wird: er steht da, zwischen den Bundesländern, und verlangt seinen Tribut. 

Anteile sind in der Innsbrucker Bank für Gesellschaftsproblematik zu derzeit unschlagbarem Kurs zu zeichnen.


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Einige Punkte, die sich aus Zuschriften ergaben:


Frage von Leser G: Ist es nicht richtig, daß Gold über die Jahrtausende nicht nur Zahlungsmittel war, sondern in seiner Kaufkraft in etwa immer gleich blieb? Empfiehlt sich nicht schon deshalb, Gold zu halten, zu kaufen, geduldig die derzeitige Baisse abzuwarten?
Antwort von Radio Eriwan: Im Prinzip ja. Aber nur, wenn Sie auch Großglockneranteilsscheine als gleichberechtigt ansehen. Natürlich gibt es Gold, auch als Wert- bzw. Tauschmittel. Aber Sie können nur verschiedene Epochen miteinander vergleichen, in denen das Tauschverhältnis und das Kulturbedürfnis der Menschen ähnlich war. Dann stimmt es auch, wenn man sagt, daß ein hochwertiger Anzug im 18. Jhd. drei Unzen Gold gekostet hat, und heute genau dasselbe (mehr, oder weniger ...)

Tatsache ist, daß diesen Ruhezeiten des Goldwertes im Zahlungsverkehr (also im Tauschwert) noch mehr Unruhezeiten gegnüberstehen. Es sei alleine an die Goldbaisse im Spanien des 17. Jhds. erinnert, wo Gold einer galoppierenden Inflation unterlag. Und das ist nur ein Beispiel von vielen, und nur möglich, weil Gold in Südamerika selbst praktisch wertlos war, als Zahlungsmittel, es diente dort lediglich Schmuckzwecken, war damit Eigentum der Götter. Wo in Spanien für ein Gramm Gold kein Kilogramm Brot zu erstehen war, einfach weil zwar alle Gold hatten, aber niemand Brot buk. Auch Gold unterliegt der Inflation, es hat keinen "ewigen" Wert, wenn dann nur in seinem mythologischen Bezug als "geronnene Sonne". Von einem Zuviel auf begrenzten Märkten angefangen, über die Münzverschlechterung, die den Goldgehalt der Zahlungsmittel nach Belieben reduzierte und so alltäglich war, daß eine Erwähnung müßig scheint.* Nur Zeiten, in denen der Kult (und die Kunst) - von dem auch das persönliche Schmuckbedürfnis ausgeht - hoch steht, lassen Gold als wertvoll erscheinen. Und das sind nicht die Krisenzeiten.

Aus dieser religiösen Dimension ist auch der Mythos entstanden, daß Gold an sich Geld sei. Nein. Der Wert von Gold ankert in seiner religiösen, mythischen Dimension, im Kult. Dort hat es gewisse "Absolutheit" als Darstellung des Kusses der Ewigkeit der kosmischen Abläufe.

Nicht Gold ist Geld, sondern Tauschparitäten in subjektiven Wertvorstellungen, die überregional, übersubjektiv sind und "Geld" machen. 1945 konnten sie noch so viel Gold besitzen, sie hätten kein Gramm Speck im Weinviertel erhalten, weil viele Bauern (bald) kein Gold (mit dem sie nichts anfangen konnten) sondern Nutzwerte wollten - wer amerikanische Zigaretten oder Nylons hatte, oder einen Flügel zum rechten Zeitpunkt, weil ein Bauer seine Tochter gerne in höheren Kulturkreisen gesehen hätte, der hatte ein Zahlungsmittel. Gold wurde immer häufiger überhaupt abgelehnt, oder unterlag einer gewaltigen Inflation die jedem Gerede von der Wertbeständigkeit Hohn sprechen (ein Ehering gegen fünf Eier etc.), was hätte man eben damit anfangen können? Der Preis von Gold - in Geld als Abstraktum von Tausch- und Leistungsparitäten - hat sich erst wieder als "hoch und stabil" erwiesen, als das Wirtschaftsleben sich normalisiert hatte.

Daß die Besatzungsmächte Goldbesitz über Schmuck hinaus verboten, hatte ganz andere Gründe - auf anderen Lokalmärkten hatte Gold durchaus einen anderen Wert. Was noch etwas widerlegt: Daß Gold weltweit immer gleich geschätzt und bewertet worden ist. Das war nie der Fall.

Nur eine Währung zählte immer und überall: die eigene Leistung, der Dienst, den man jemandem erbringen konnte. Nur darauf baut überhaupt eine Währung auf, ob in Gold oder in Papier ist irrelevant.

Gold als Wertsicherung im profanen Sinn zu verstehen bedeutet deshalb genau das Gegenteil zu machen: es bedeutet es zu entwerten. Denn Gold hat über Kult hinaus kaum Verwendbarkeit. Es ist zu weich. Wofür sollte man es verwenden, wo nicht anderes häufigere, leichter zu gewinnende Metalle geeigneter wären? Nur als Antwort auf Gott ist Gold von Wert, als Widerschein des Lichts, das die ganze Welt enthält. (Geld ist damit eine Analogie zu dieser Eigenschaft des Lichts.)

Frage von Leser H: Kann nicht Gold allem staatlichen oder sonstigen Zugriff (Geheimtip: Atombunker) entzogen werden, und bietet damit alleine eine sichere Kaufreserve?

Antwort von Radio Erewan: Im Prinzip ja. Wenn Sie damit einverstanden sind, lieber H, Ihre Geschäfte zukünftig nur noch auf Schwarzmärkten und hinter vorgehaltener Hand abzuwickeln, mit allen Risken, die sich bieten, hinter Gitter zu wandern oder hohe Strafen zu zahlen, von den Risken gar nicht zu reden, die in der Preisbildung für Gold (s.o.) überhaupt liegen - wer sollte es also nachfragen? 

Unwahrscheinlich? Eben nicht. Die Geschichte ist nicht arm an Beispielen, daß der Goldhandel verstaatlicht und der Besitz von Gold verboten wurde. Und zwar gerade dann, wenn Sie wohl meinen, ihre Schäflein am Trockenen zu haben - in Krisenzeiten. 

Das ist mit Sicherheit eben dann der Fall, wenn sich der Staat in großem Ausmaß mit Gold zu entschulden gedenkt, oder wenn Gold das geltende Zahlungssystem ernsthaft unterwandern würde. Einfach nicht zulassen will, daß der Private an der Diskrepanz zwischen goldpreis und Währungsverfall übermäßig verdient. Betrachten Sie es als "Sozialmaßnahme", um ungerechten Reichtum abzuschöpfen, "umzuverteilen" ... 

Schlagartig wird Gold damit offiziell wertlos, weil mit der Drohung von Beschlagnahme belegt. Wer soll Ihnen nun ihr Gold an Zahlung statt annehmen? Und in welchem Tauschverhältnis? Glauben Sie nicht, daß in dieses Tauschverhältnis ein dramatischer Wertverlust einkalkuliert wird, der eintritt, sobald diese nunmehr strafbare Handlung - Goldbesitz - auffliegt?

Warum, geschätzter H, meinen Sie, daß selbst zu Zeiten reiner Goldwährung (wie nach 1918) es überall in Deutschland und Österreich interessante Experimente mit neuen Währungen gab, die SOFORT nach dem Zusammenbruch des Staates auftauchten, mit denen die Menschen ihren Wirtschaftsverkehr aufrechterhielten (nur der ist nämlich wirklich notwendig, man braucht weiter Brot, Milch, Zigaretten oder Tampons, der Goldschmied, der Gold brauchen könnte, wird da eher weniger frequentiert), dafür Papierscheine gewählt wurden? (Man denke an die berühmte "Wörgler" Wunderlösung.) Im Raum Krems-Wachau gab es zusätzlich zu Lohnversprechenspapierchen für geleistete Arbeit - lokale Geldscheine - nach 1945 für ein, zwei Jahre die Währung "Eier", jeder nahm sie an. Niemand aber Gold. Dessen Besitz (in Nicht-Schmuckform) in Deutschland und Österreich von 1945-1955 durch Verfügung der Besatzungsmächte z. B. generell verboten war. Gucken Sie mal auf Wikipedia (diesmal ausnahmsweise ...), um zu sehen, daß Goldverbot und Wirtschaftskrise zusammengehören wie Wurst und Zipfel.

Bis heute darf in Österreich Gold auch nur als reales Zahlungsmittel - mit aufgedrucktem Wert - in größeren Mengen besessen werden, bzw. war es als Ware mit Mehrwertsteuer belegt, die als Luxus bald 32 % erreichte - eine Reaktion auf die Krisen in den 1980ern, damit genau das, was hier beschrieben ist: Teilenteignung. Deshalb die "Goldtausender" etc., wo der Metallwert je nach Kurs die Nennwährung (damals: 1000 Schilling) bald übertraf. Oder aber auch nicht. Dann konnte man mit diesen Goldtalern auch real zahlen - mit dem Wert des aufgedruckten Schillings. Als der Silberwert der alten 10-Schilling-Münzen den Tauschpreis als Währung deutlich überstieg, wurden diese vom Staat still und leise eingezogen, und durch wertlose Metalllegierungen ersetzt. 

Anonymer Goldkauf ist in Österreich und Deutschland sowieso nur bis zu einer Höhe von 15.000 Euro erlaubt.

Übrigens: Nicht einmal theoretisch kann Gold tatsächlich Geld (weltweit) werden. Auf die Weltbevölkerung gerechnet, gibt der gesamte Goldvorrat der Welt - auch den zukünftigen eingerechnet - einige wenige Gramm pro Kopf und Nase: 70-80.000 Tonnen, auf 8 Mrd. Menschen, den Schmuckbedarf gar nicht gerechnet ... Das wäre völlig unrealistisch als Zahlungsmittel, ein Gramm als Zahlungsmittel viel zu wertvoll, nimmt man es einfach mal an. Binnen kürzester Zeit würden überall flexiblere Anspruchsscheine auf zukünftige kleinere Leistungen den Besitzer wechseln - Geld, Papiergeld, Wechsel, Versprechen, Schuldleisten etc. etc. Immer aber verbliebe es in einem Verhältnis zur Leistung von Menschen, zur Wertschätzung dieser Leistung. Das macht ja eine Krise aus, nur so ist Währung als Leistungsmedium überhaupt verstehbar.

Völlig in der Diskussion übersehen wird, daß der Hauptteil des alltäglichen Zahlungsverkehrs auch in Zeiten der Gold-/Silberwährung  mit Münzen in an sich wertlosen Kupfer- oder Zinkmetalllegierungen abgewickelt wurde, reines Fiat-Geld also! Mises gibt für das 19. Jhd. den Umfang dafür je Währung mit etwa 10 % des gesamten Geldumlaufs an.

Noch einmal: Gold ist kein besseres Geld als Papiergeld. Es ist nur anders, und unterliegt anderen Gesetzlichkeiten, v. a. deutlich unflexiblerem Gebrauch, sodaß es keineswegs immer besser ist. Sein Wert als Zahlungsmittel aber liegt nicht in seinem Metallwert für ewige Zeigen gesichert, sondern schwankt als Wert genauso, nur nach teilweise anderen Gesetzen. Keineswegs aber sichert es vor Staatskrisen ab.



*Nachdem Goldwährung heißt, daß Goldmenge und Leistungsmenge in eine feste Beziehung gesetzt werden, haben sich auch historisch laufende Anpassungsnotwendigkeiten ergeben, die man heute völlig zu vergessen scheint. Denn die Leistungsmenge schwankt im Wert, besonders im Außenhandel.



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