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Donnerstag, 9. Mai 2013

Kirchlicher Antichrist

Man muß zweifellos annehmen, daß die entsprechenden Schriftstellen so auszulegen sind, daß in der Endphase der Kirche die Verführung durch die falschen Propheten auf die Gläubigen selbst übergreifen wird, schreibt Yves Congar in "Das Mysterium des Tempels". 

Man muß zweifellos annehmen, daß die Unternehmungen des Widersachers, seine Verführung, seine allfälligen Erfolge, in der Kirche selbst stattfinden werden. Der Kampf für die Reinheit des Glaubens ist also ein Kampf für die Reinheit des Tempels Gottes. 

Johannes, bei dem die Rolle des falschen Propheten darin besteht, der Herrschaft des Tieres zu dienen und sie aufzurichten, und dessen Apokalypse geschrieben wurde, um die Kirchen in ihrem Kampf um die Bewahrung des Wortes Gottes ohne Verleugnung seines Namens zu stützen, verkündet im Namen des Herren: 

"Den Sieger will ich zur Säule im Tempel meines Gottes machen. Er soll von dort nicht mehr wegkommen, und ich will darauf schreiben den Namen meines Gottes und den Namen der Stadt meines Gottes, des neuen Jerusalem, das vom Himmel herabsteigt von meinem Gott, und auch meinen neuen Namen." (Apk 3,12)

Natürlich, schreibt Congar weiter, kann der Antichrist nicht aus dem Ideenkreis der Kirche als Tempel kommen. Es handelt sich vielmehr um eine (vielleicht persönliche) Macht, die Gott feindlich ist und ihn aus dem Glauben und der Anbetung der Menschen zu entthronen trachtet. Auch hier geht es um die Reinheit des geistigen Tempels, die dem einzigen wahren Herrn, dem lebendigen Gott, geweiht ist. 

Eines Tempels, der zugleich sichtbar wie unsichtbar ist, und dessen Steinbruch die ganze Menschheit ist. Und von dem der Heilige Augustinus schreibt: "Viele scheinen drinnen zu sein, die in Wirklichkeit draußen sind, und andere scheinen draußen zu sein, die in Wirklichkeit drinnen sind." Wer dazu gehört, weiß letztlich nur Gott - viele sind unsichtbar der Tempel, gehören freilich aber nicht vollkommen dazu, wenn sie nicht zu dieser realen, körperlichen, sichtbaren Zugehörigkeit gelangen. Fleischlich, sakramental. Denn das Wesen des Tempels ist (nicht nur, aber auch, und zwar unverzichtbar auch, eben weil Wesen) Sichtbarkeit, das ist sein Sinn - als Sinn und Ziel der ganzen Schöpfung.




*090513*