Dieses Blog durchsuchen

Sonntag, 5. Mai 2013

Von Spielebrechern

Na, schreibt Leser L dem Verfasser dieser Zeilen, das haben Sie davon, von Ihrer Idealisierung des Fußballs. Da droht ein italienerischer Spieler (noch dazu - Anmerkung: ? - montenegrinischer Herkunft) der Juventus Turin den anrückenden Bayern aus München vor dem Viertelfinalspiel in Turin mit "Krieg!" Hat der nicht vergessen, daß es sich um ein Spiel handelt? Zeigt das nicht, womit wir es beim Fußball zu tun haben? Mit beinharter Realität? Aber Gott sei Dank hat Rummenigge die richtige Antwort gegeben: Solche Rhetorik hat nichts am Fußballplatz verloren, schon gar nicht von jemandem, der wissen müßte, was Krieg bedeute.

Mitnichten, guter L, mitnichten, und zum Gegenteil. Schon Kinder spielen Krieg, und sie tun, was Spiel eben bedeutet: Wirklichkeit simulieren, der der Ernst aber fehlt. Und dazu gehört das Balzverhalten von Spielern genauso, wie das Blecken der Zähne und das Klopfen auf den Schild. Das weiß mit Sicherheit der Italiener nicht weniger, als Rummenigge. Beweis? Dieses Spiel ist jederzeit zu beenden. Von allen. Und zwar in dem Moment, wo alle sagen: So, Schluß. Damit zerplatzt der Rahmen, aus dem heraus alles was im Spiel passiert ist, gedeutet werden muß und kann.

Der aber, der etwas aus dem Spiel herausgreift, und es in die ernste Realität versetzt, DER ist der Spielverderber. Er hat nicht einmal mehr die Freiheit, das Spiel wirklich zu spielen. Er sieht nicht den abgezirkelten Raum, in dem es stattfindet, sondern dieser Raum scheint überhaupt schon disponibel, je nach Element, das im Spiel vorkommt. Er zerstört die Sonderwirklichkeit, in der alles zwar sachlich den ernsten, wirklich aber den nicht-ernsten Regeln folgt, um sie als Rosenköpfchen auf sein ernstes Jackett zu stecken. Das gehört sich nicht, und das macht die Bayern auf eine Weise lächerlich, die ihnen nicht vergönnt werden soll. Die bei der Pressekonferenz anstatt Betroffenheitsminen lieber zurückfeuern hätten sollen: "Wir schießen zurück! Tritt um Tritt, Tor um Tor, Gurkerl um Gurkerl!" Das hätte gesessen, wenn ein Ribery mit empörter Handgeste angedroht hätte, daß er als Antwort diesen Vucinic tunneln würde, daß der meine, er sei soeben seiner montenegrinischen Männlichkeit beraubt worden. Damit wäre alles im Spiel (und unter Männern) geblieben.

Rummgenibbe aber macht aus Spiel Ernst, und will es plötzlich doch auf der Betulichkeitsebene der seriösen Wirklichkeit sehen. Da aber gehört es niemals hin. Die Italiener, die nichts taten ... als spielen, die wissen das. Selbst wenn der kicker schreibt, daß sie um jeden Grashalm gekämpft hätten. Daß alles Spiel war, hat sich im Spiel bewiesen, und in den Reaktionen auf ihre Niederlage. Die vergessen sogar oft, daß es überhaupt auch Ernst gibt. Denn den gibt es nur in einer anderen Sphäre. Bei denen finden sogar Parlamentswahlen nur als Spiel statt, nach deren Abführung sich herausstellt, daß die Gewählten den Ernst einer Regierung gar nie auf sich nehmen wollten. Und kein Italiener ist ihnen böse.

Wie? Der geneigte Leser meint, daß doch auch die Bayern nur spielten? Daß also die Betroffenheitsmimik gleichfalls nur die - nationalspezifisch eben unterschiedene - Kammschwellung des Gebalzes in der Arena wäre? Naja, das könnte natürlich etwas haben.




***