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Sonntag, 23. Juni 2013

Was niemand braucht

Warum gleichen Meldungen wie die, daß der Papst eine Reform der Finanz- und Wirtschaftssysteme verlange, einem Herumgefuchtele Blinder? Weil was immer sich heute zeigt und als Problem auftaucht nicht ein Problem der Finanzsysteme ist, sondern eines der Lebensweise der Menschen, eines der Technik, die uns im Griff hat, eines der Lebenshaltungen, die sich daraus entwickelt haben. Nicht besser zu verteilen ist deshalb eine Lösung, das ist lächerliches Gefasel. Genauso wie das Gerede um Armutsbekämpfung oder Umverteilung.

Und Geld hat auch nicht "zu dienen". Es "gibt" nämlich gar kein Geld. Wenn es zu einem solchen gemacht wird, das heißt eine Eigendynamik annimmt, wird Geld überhaupt erst zu "Geld". Und das tut es - in entsprechenden Systemen, die eine entsprechende Mentalität der Menschen voraussetzen und benötigen.

Die Menschen sind nicht verzweifelt, weil sie kein Geld haben. Sie sind verzweifelt, weil sie sich in Mechanismen sehen, die sie nicht beeinflussen zu können meinen. Daran glauben sie mittlerweile.* Nicht zufällig hat eine Erhebung jüngst ergeben, daß der Glaube an das "Schicksal", der Fatalismus so enorm verbreitet ist. Der Mensch heute erlebt sich so, und er wird auch laufend dahingehend gehirngewaschen: alles wird zur technischen Apparatur. Das nennt man "Bildung", die dem Einzelnen jeden Ausweg - und damit wirklich die Hoffnung - nimmt, den Mechanismen noch zu entkommen.

Die Menschen glauben nicht mehr, daß ihr Leben bei ihnen ansetzt, daß die Situation in der sie stecken mit ihnen zu tun haben könnte, und erwarten alles von Systemen und der Politik. Dieser Irrglaube wird durch solche "Forderungen" noch weiter verstärkt.** Die Forderungen an die Politik sind deshalb selten mehr als Forderungen zur Systemoptimierung, um die Versicherung gegen das Leben selbst zu perfektionieren. Und die Politik verspricht es ihnen, nach wie vor, ja mehr denn je.

Nicht die Mechanismen zu regulieren ist der Weg. Sondern das eigene Leben zu ändern, es wieder einmal zu wagen, mit allen Konsequenzen und Risken, auch, daß andere Böses tun. Dazu müßte aber sehr viel Scheinsicherheit losgelassen, sehr viel Angst überwunden werden. Und dazu aber muß die Politik so neue Wege gehen, daß es ihr nicht zuzutrauen ist, weil sie sich in ihrer historisch entwickelten, hypertrophen Gestalt abschaffen müßte. Die aber lieber weiter an ihrem fail-safe-System arbeitet, in das sie das Leben umbauen möchte, und Olivenkännchen auf Restauranttischchen verbietet - auch da könnte ja ...

Wenn Päpste nicht mehr von sich zu geben haben als das üblich seichte Gutmenschengeschwafel, sollten sie besser schweigen.




*In einer fatalen Mißdeutung der Grundkonstitution des Menschen. Der nämlich tatsächlich seine (metaphorisch:) Kleider von außen erhält. Nur: er selber sieht sie nicht. Wirkliche Kleider sieht nur der andere. Und er kann nicht bestimmen, was sie sehen. Alles von den Regierungen zu verlangen, hat also eine ganz eigentümliche Richtigkeit: Sie haben die zwischenmenschlichen Konnexe zerstört, und nun, wo nichts mehr vorhanden ist, werden sie - richtig - als Urheber, fälschlich aber als deren Quelle erfaßt. Sie sind in ihrem Versuch, neue Kleider zu schneidern und zu verteilen, aber nur deren Räuber.

**Weltweit, und auf erschütternde Weise: Heute demonstrieren schon in Liberia Menschen, weil sie von der Regierung "mehr Wohlstand" wollen, schön zusammengefaßt im Zauberwort "Demokratie", wie ihnen NGOs und UNO einhämmern. Genau jene Haltung, genau jener Wohlstand, genau jene Systemhörigkeit, die alles Leben in Grund und Boden stampft.




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