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Freitag, 5. Juli 2013

Wannen denn die Wale springen (1)

Der Verfasser dieser Zeilen gesteht - er hat seinen Humor verloren. Irgendwo ist der erstickt in der schwülen Ernsthaftigkeit, mit der man ihn bedrängt hat, in der Humorlosigkeit, mit der der ständig konfrontiert war, verschüttet unter den Lawinen der Aufforderungen zu einer Moralität, die sich selber an der nächsten Ecke mit verzweifelten Blick entleibte, und aus deren Geröll er sich immer schwerere erheben konnte.

Deshalb hat er aufgehört, Kabaretts zu schreiben - er wurde vom Leben selbst überholt, das zu einem einzigen Kabarett wurde, irgendwo zwischen dem dämonischen Grundton eines Haneke, und dem Irrwitz Kafkas. Der Witz wurde ihm zu ernst, der Humor wurde zum Sarkasmus des Wühlens im Schlamm.

Das wurde ihm erneut an einer Lektüre bewußt, die ihm zufällig unter die Finger geriet, erst dieser Tage. Den Kolumnen mm österreichischen Kurier, einem der Höhepunkte der an Unsäglichkeiten so reichen Medienlandschaft Österreichs, mit der das Alpenland eine Medienlandschaft simuliert. Die da aber eine sich Polly Adler nennende Angehörige der schreibenden Zunft (im Wochentakt?) veröffentlicht. Eine kleine Blutperle, wo man sie nicht vermutet hätte.

Nicht, daß dort die großen Weltprobleme gewälzt würden, der Gehalt und die Wesensart des Seins im Seienden untersucht, oder der Kulturzerfall in seinen historischen Wurzeln analysiert würde. Alles das nicht. Sondern weil diese Kolumnen in einer Art daherkommen, daß man sagen möchte: es gibt nur zwei Arten heute zu leben. Als Heiliger, oder ... so. Und beides hängt doch zusammen, beides bewegt sich auf derselben Skala.

Denn was Polly Adler mühelos und auf ungemein spritzige Art schafft, ja, die Art selbst ist es ja, die den Inhalt ausmacht, ist die Auflockerung jenes stinkenden Stallmists, der Österreich erdrückt. Sie vermag es wirklich, einem den Geschmack eines "normalen Lebens" wiederzugeben, so man sich daran erinnert. Denn - neu finden und gewinnen läßt er sich heute kaum noch.

Natürlich, um er selbst zu bleiben muß der Verfasser dieser Zeilen sofort darauf hinweisen, daß sich heute nur Frauen diese Reminiszenz leisten können. Nur sie können in dieser Unverbindlichkeit zwischen allen Fronten tanzen, ohne sich je auf einen Stuhl zu setzen. Sich typisch amerikanisch in einer Ironie und unerreichbarer Selbstironie von allem distanziert zu halten, um so nie dingfest gemacht zu werden. Und natürlich geht einem in einem solchen Gespräch nach spätestens zwei Stunden der Hemdkragen zu, weil man nicht weiß, warum man solchen Smalltalk weiter führen sollte, zu dem jedes Gespräch herabkommt, bis jeder Satz aussieht, als würde er in Schlabberpulli und Buntleggins durch die 5th Avenue schlürfen und Woody Allen heißen. Man kann eben die Selbstdistanz auch übertreiben, und endet dann wie Stermann & Grissemann im langweiligen Nichts, das sich dann den Ernst als Engagement beim Life-Aids-Ball und in Plattformen im "Kampf gegen rechts" tautologisch umhängt. Sie ist nur ein Pol. Aber ein unverzichtbarer, und das wird hierzulande tatsächlich oft vergessen.

Warum nur Frauen das noch können, wobei: nur wenige, und nicht die Unansehnlichsten, die also ihr Frausein in seiner Macht - Frauen haben aus ihrer Natur heraus alles in Händen - ausreichend riskiert und damit erfahren haben? Weil in ihre Hand auch gelegt wurde, zu bestimmen, was in der Zwischenmenschlichkeit zugelassen wird, oder sonst per Pfiff nach dem Bluthund per Gesetzesbeschluß und medialem Feldzug niedergemacht wird. Sie haben sich allen Ernstes allen Ernstes enthoben, sich alle Optionen offengehalten. Wenn eine Frau sagt, daß ein Klaps auf den Po und ungenierte Anmache ihre Angelegenheit ist, und nicht die der Moral-Taliban, in die sich die Öffentlichkeit verwandelt hat, dann hat sie ja die Wahl auch wieder zurückzusteigen, wird nie Konsequenzen fürchten müssen, die auch sie fordern.

Es liegt nämlich auch in ihrer Hand, sich jederzeit auf diese Spießbürgermoral zurückzuziehen, die in Wahrheit die political correctness ist, sie braucht nur einen Ruf auszustoßen. Sie befinden sich immer nur im Praktikum, ohne Festanstellung sozusagen.

Und dort wird sie von der Männerwelt, die nach jedem Strohhalm greift, auf Händen getragen und als Erlöserin bejubelt, die gestattet, einfach man selbst zu sein. Ohne Inclusivgebote und Sexismushandschellen. Diese Lockerheit kann nur aus einer Sicherheit kommen, die um ihre Mächtigkeit weiß, sie sich nicht mehr vergewissern muß. Was hier zu sehen ist ist in Wahrheit eine Stufe des Feminismus, gerade in dieser "Freiheit" davon. Aber das stimmt nicht. Ohne ihn wäre diese Freiheit, diese Selbstironie, diese "entzückende Frechheit" nicht denkbar.




Teil 2 morgen) Öffentliche Submissive-Spiele




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