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Samstag, 10. August 2013

Finger auf eine Wunde gelegt

Man stelle sich vor - da ist ein anerkannter Philosoph und Publizist nach wie vor Atheist (vulgo: Gnostiker), und lehnt auch einen Gott und Schöpfer ab. Das Denken muß schon rein und immanent bleiben, gewissermaßen. 

Und trotzdem reißt dem prononcierten Linken, wie ihn Cicero nennt, der bislang vor allem durch seine Einführungen in die Philosophie populär wurde, der Geduldsfaden. Und er schreibt ein Buch, das die Laien staunen, die Fachleute wundern, die Evolutionisten geifern läßt - weil er zur an sich völlig richtigen logischen Position kommt, daß den Evolutionismus als These anzunehmen einfach unsinnig, philosophisch nicht haltbares Dogma ist.

Zwar wird sein Buch wegen seiner Luzidität in den gesamten USA durchweg gut besprochen, er selber aber rechnet damit, daß er von Fachkreisen gekreuzigt wird. Denn da würde nun wirklich DAS Fundament neuzeitlichen Selbstbewußtseins wanken.

Thomas Nagel heißt der Mann, und im Oktober kommt die deutsche Übersetzung seines Buches "Mind and Cosmos: Why The Materialist Neo-Darwinian Conception Of Natur Is Almost Certain False" Nagel schreibt darin, daß der Darwinismus einfach die realen Erscheinungen nicht erklären kann, die wegzuleugnen einfach keinen Sinn hat - all die Phänomene, die doch eigentlich den Menschen ausmachen: Moral, Liebe, Kunst, menschlicher Geist. Seine Paradigmata sind einfach nicht ausreichend und nicht haltbar.

Nagel behauptet nicht zu wissen, woher das alles komme, und er müht sich auch redlich, wenigstens bei der atheistischen Konzeption zu bleiben, versucht aber einfach ein anderes Konzept durchzudenken. Denn das alte ist schlicht und ergreifend aus denkerischen Gründen nicht zu halten. Der materialistische Evolutionismus in der heute geglaubten Form ist philosophisch unhaltbar und strotzt vor Aporien. Wobei: von einer "Theorie" zu sprechen ist ohnehin zuviel der Ehre, denn es handelt sich um eine Fülle von Thesen, die von einer Klammer zusammengehalten werden: jenem Dogma, daß es irgendwie materialistisch weltimmanent abgelaufen sein muß. Der Darwinismus dient lediglich der dogmatischen Absicherung gegen religiöse Argumente. Jahrzehnte des wissenschaftlichen Forschens sind sinnlos und verloren.

Denn: SO kann es mit Sicherheit nicht gewesen sein, dazu braucht es auch keinen Nagel, nur einen klaren Kopf. Trotzdem, jede Wette, daß es bald wissenschaftlich bewiesen sein wird, daß der Mann ganz einfach nicht denken kann? Wer an diesem Baum rüttelt, der muß einfach grenzwertig und debil, wenn nicht gefährlich sein. Wenn dieses Dogma wirklich fiele, würde das Fundament der Gegenwart wanken. Und das wird nicht passieren DÜRFEN.

Einige Textstellen, die Wort und Wissen vorab aus der amerikanischen Version bereits bringt:

„Seit langer Zeit finde ich es schwer, an die materialistische Erzählung zu glauben, wie wir und unsere Mitorganismen entstanden sind, und zwar einschließlich der Standardversion über die Arbeitsweise der Evolution.“ (Einleitung, S. 5 der englischen Ausgabe)
„Mir ist klar, dass solche Zweifel viele Leute empören werden. Aber das liegt daran, dass fast jeder in unserer säkularen Kultur dahingehend eingeschüchtert wurde, das reduktionistische Programm für sakrosankt zu halten, mit der Begründung, alles andere sei keine Wissenschaft.“ (Einleitung, S. 7 der englischen Ausgabe)
„Der evolutionäre Naturalismus hat zur Folge, dass wir keine unserer Überzeugungen ernst nehmen sollten, einschließlich dem naturwissenschaftlichen Weltbild, von dem der evolutionäre Naturalismus abhängt.“ (Kap. 2.6, S. 28 der englischen Ausgabe)
„Wir leben in einem Klima, in dem der naturwissenschaftliche Naturalismus dominiert. Er ist massiv abhängig von spekulativen darwinistischen Erklärungen von praktisch allem, und er ist bis an die Zähne bewaffnet gegen Angriffe seitens der Religion. In diesem Klima hielt ich es für nützlich, über mögliche Alternativen zu spekulieren. Vor allem würde ich gern die Grenzen dessen, was wir für undenkbar halten, etwas erweitern, weil wir nämlich sehr wenig von der Welt verstehen. Es wäre ein Fortschritt, würde sich das säkulare Establishment und die gegenwärtige aufgeklärte Kultur, die von ihm dominiert wird, vom Materialismus und vom Lückenbüßer-Darwinismus entwöhnen.“ (Conclusion, S. 127 der englischen Ausgabe)





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