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Donnerstag, 22. August 2013

Gerettete Welten

Es war mit den Sinnen wahrnehmbar - der Einbau von Katalysatoren in Autos ließ die Abgase mit einem mal seltsam giftig und aggressiv riechen. Es gibt nicht unerhebliche Stimmen die meinen, daß die Abgase, die ein Auto seither verbläst, wesentlich schädlicher sind, als der Schwefel zuvor es je war. Es gibt Stimmen, die meinen, daß die Kühlstoffe, die man seit 20 Jahren in Kühlschränken verwendet, die Treibgase in Sprays die seither verwendet werden, noch wesentlich giftiger wirken als die FCKW zuvor. Alle diese Dinge haben einen großen Vorteil: Man kennt sie in ihren Auswirkungen noch gar nicht.

Dafür hat man die Welt gerettet. Es war keineswegs wissenschaftlich klar, ob FCKW überhaupt je etwas mit dem Ozonloch zu tun hatte. Maßgebliche Meinungen besagen, daß seine Moleküle viel zu schwer sind, um in diese Höhen der Atmosphäre zu gelangen, und schon gar an die Pole.

Vielmehr sei das "Ozonloch" eine keineswegs ungewöhnliche, in der Rhythmik der kosmischen Prozesse völlig normale Erscheinung, die sich aus der Schrägstellung der Erdachse ergebe. Wie sich aus dem ganz normalen Sommer-Winter-Rhythmus ablesen lasse, gemessen seit 1935. Das O³ der Atmosphäre wird bei geringerer Sonneneinstrahlung ganz einfach nicht mehr in O² und O aufgespalten.

Und es habe deshalb auch direkt zu tun mit Zeiten geringerer Sonnenaktivität, wie in den Jahrzehnten bis zu Beginn der 2000er Jahre. Als das "Ozonloch" bemerkt wurde. Das es doch immer gab, und das sich immer wieder zurückgebildet hat. Seit 13 Jahren wird nicht nur keine Erwärmung mehr gemessen (bei aller Fragwürdigkeit solcher Messungen überhaupt), sondern die Sonnenaktivität nimmt zu, und wird es weiter tun, wie man mittlerweile weiß. Und sieh da - zufällig ist nun auch das Ozonloch wieder verschwunden.

Ein "Problem Ozonloch" gab es aber vielleicht überhaupt nie. Und schon gar nicht hatte es etwas mit menschlichem Verhalten zu tun. Aber ... wir haben es gelöst.

Wohl genauso wenig wie ein "Problem Waldsterben", das wie von Geisterhand die Vorgängerkatastrphe war, wieder verschwand. Vermutlich einfach deshalb, weil sich die Bäume auf möglicherweise veränderte Luftbedingungen, nach gewisser Übergangsphase, wieder eingestellt haben.

Doch als nun verkündet wurde, daß das Ozonloch sich wieder geschlossen habe, durften sich alle Weltretter freuen. Sie haben die Welt gerettet. Genau so, wie es Hollywood in seinen Weltrettungsschinken seit Jahrzehnten vorexerziert: Da droht die Welt zu versinken, und irgendein abgehalfterter, aber genialer Wissenschaftler in einer Blockhütte in Colorado, vergraben unter Computerbildschirmen und vergammelten Leitzordnern, kennt die Lösung, hat alles immer gewußt. Dubiose FBI-Agenten holen ihn mit Hubschrauber und Luxuslimousine ins Weiße Haus, wo er durch energisches Einschreiten mit ein paar cleveren Programmierformeln nicht nur den Präsidenten rettet, sondern auch noch seinen süßen Hund, während er die Assistentin des Verteidigungsministers schwängert und die Kameras zeigen, wie in Peking genaso wie in Nairobi und Paris die Menschen, nachdem sie wie befohlen ihre Kühlschränke abgesteckt haben, jubelnd auf den Straßen tanzen.*

Es sei so ermutigend, schrieb an Leser an eine Zeitung, weil man nun sehe, daß das individuelle Handeln doch etwas bewirke. Weil man nun sehe, daß man die Welt retten könne, man müsse sich nur ändern.

Und so werden bereits jetzt eifrig die Legenden geschmiedet, die in ein paar, möglicherweise sogar wenigen Jahren, wenn auch die am trägsten reagierenden ökologischen Systeme nachgezogen haben, verkünden werden, daß die Welt auch vor Klimaerwärmung gerettet wurde. 

Die Gefahr solcher Trugschlüsse ist evident. Totalitarismus wird in dem Ausmaß stark, als seine imaginären Feindbilder "bewiesen" werden. So löst man Problem um Problem, ohne daß es je diese Probleme gegeben hätte, denn eines ist gewiß: die Natur ist verläßlich.

Schöne neue Welt.




*Sie meinen, werter Leser, da wäre Sarkasmus zu spüren? Weit gefehlt. Der Mensch handelt nach immer denselben Schemata. Nicht, weil ihm nichts besseres einfällt, sondern weil es nicht die "Ratio", sondern das hinter aller Metaphorik ist, das die Welt tatsächlich trägt. Der Mensch handelt nach Topoi. Nur das Material, der Stoff, an dem er handelt, ändert sich.




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