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Dienstag, 24. September 2013

Erkennen als Gleichung

Ohne Theorie (theoria) können wir nicht erkennen, und theorie/a heißt: Gottesschau. Denn wir erkennen die Dinge nur durch Gleichheit (bzw. Unterschiedenheit) untereinander, weil wir etwas nur ALS ETWAS erkennen. 4/4 = 8/8 erkennen wir nur aus seinem Bezug auf dasselbe Sein.* Sodaß alles menschliche, bewußte Erkennen ein Erkennen von Gleichungen ist. Nur so auch vermögen wir die Einheit allen Seins zu erkennen.

Es liegt also an dieser Gottesschau, vom Ausmaß, in der sie in unseren Geist durchleuchtet, an der Wahrheit sohin, die Vielfalt der Erscheinungen zu erkennen, und sie im letzten als in einem Sein, im Sein selbst versammelt zu erkennen, und in der Mannigfaltigkeit der Welt dieses Eine Sein in seiner Eigenschaftlichkeit zu erkennen. Die sich in der letzten Erkenntnis auf das Erkennen eines Wesens bezieht, in dem alles enthalten ist.

Das bedeutet wiederum, daß am Ritus unseres konkreten Lebens liegt, an seiner Gleichförmigkeit mit dem (geistigen) Einen, wieweit wir als konkrete Menschen in unserer konkreten Geschichtlichkeit dieses Eine "sehen" (als Gleichung, als Analogie). (Womit auch klar wird, daß es der Ritus der Liturgie IST, in dessen Gleichmaß wir uns bewegen, der uns das Fenster zum reinen Sein - als "theoria" - aufstößt. Es ist das Bewegen im Ritus, das unsere gesamte Welterkenntnis durchwirkt.)

Damit ist jede "theoria" zwar einesteils nie ohne Wahrheit (weil sie von Seiendem dargestellt wird, also Aneil am Sein haben muß), aber sie ist bei "nicht wahrem Ritus" (als fleischlicher Prägung des Individuums) nur Teilwahrheit, und im Ganzen gesehen damit möglich irreführend. Im Ganzen läßt sich also "theoria" ALS (Gesamt-)Wahrheit (die alles vereint) nur in der vollkommenen Heiligkeit erkennen. Unser bewußtes Denken zuvor ist kaum mehr als Ausscheiden des offensichtlich Irrenden. Denn seine positive Prägung ist abhängig von der Analogie der Fleischlichkeit. Wo immer diese Fleischlichkeit sich nicht analog zur "theoria" (noch einmal: Gottesschau) als ihr innerstes Gesetz bewegt (und nicht quasi als "richtiges Gedankengebäude", das als solches "antithetisch" ist), trübt sie die Erkenntnis der Welt, macht menschliches Erkennen zum Stückwerk.

Das wahre menschliche Sprechen (und Denken) ist also nur als poetisches (und in Weiterführung immanent theologisches) Denken möglich, das das, was es sagt, auch IST. (Nicht: behauptet.) Alles zuvor ist nur Hilfskonstrukt und Weg.


Implikationen: Wer also glaubt, durch Medien wie Internet in der Wahrheit voranschreiten zu können, wird sehr bald erfahren, daß er an eine Forderung stößt, die sich innerhalb dieser Thesenbildung nicht mehr beantwortet. Verweigert er das konkrete Tun im Leben, das ein Tun des Aufeinanderstoßens von Symbolen - also von Gestalten - ist, so beginnt sich sein "Denken" in sich zu bewegen, etwa in dem es fanatisch, monistisch wird. Das Loch des nicht vollzogenen Ritus, seine Forderung, sein Drang nach Vollzogenwerden wird immer größer, und im selben Maß steigt der notwendige Kraftaufwand, ihn niederzuhalten. Wenn festzustellen ist, daß häufige Beteiligung an Internet-Diskursen zu immer radikalerer Ausdrucksweise führt (vereinfacht formuliert), also radikalisiert, so verweist dies darauf. Das Wahre will und muß vollzogen werden. Die enorme Diskursquantität, die sich heute abspielt, weil jedes Wort letztlich auf die Wahrheit hinweist, erhöht also den Handlungsdruck. Wird dieser nicht adäquat abgeführt, wird das Medium und das Wort selbst zum Handlungsinstrument quasi umstrukturiert, aufgeladen. Fanatismus ist eine Eigenschaft der Faulen und Trägen, der Wahrheitsverweigerer!



*Auf die Bedeutung der Zahlensymbolik bzw. Mathematik kann hier nur andeutend hingewiesen werden, aber sie wird erahnbar: Als Analogie zum reinen Geist, dessen Verhältnisse sich im Geschöpflichen, Gestalthaften analog wiederfinden.




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