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Sonntag, 1. September 2013

Fromme Wünsche

Das ist denn doch erstaunlich - die Welt bringt das Ergebnis einer Online-Befragung der Berliner Strategieagentur Different über die Dinge, die die Deutschen wertschätzen, die ihnen als Statussymbol gelten.

Gleich vorweg: nur eines der ersten zehn Dinge auf der Liste kann man kaufen, nämlich das Haus, die Eigentumswohnung, die 85 % der 19-29jährigen, 80 % aller Altersgruppen erstrebenswert. (Realität: 50 % besitzen ein Haus, eine Eigentumswohnung.)

Noch erstaunlicher aber ist, daß sich 77 % eine EHE wünschen. Ein Wunsch, den die Politik seit Jahrzehnten hartnäckig und bösartig ignoriert weil für nicht wünschenswert hält. Und noch mehr wollen überhaupt einen Partner. 

Hoch im Kurs stehen insgesamt erstaunlich "konservative" Werte. Allen voran ist es die Zeit (90 %), dann Freunde, Engagement, Informiertheit, Kinder haben, gut kochen können, unbefristete Arbeitsverhältnisse, langsamer (mit dem Zug) reisen, oder einfach einen Garten pflegen.

Social Media - iPod, facebook oder xing - rangieren nicht nur weit abgeschlagen (19 %), sondern sind offenbar am besten Weg, zu einem Negativwert (über 40 %) zu werden. Man will Freunde, aber "echte", keine facebook-Leichen. Zwar wollen 40 % der Jungen nach wie vor Eindruck durch Dinge schinden, was für diese Altersgruppe ja nur normal ist, vielleicht sogar so sein sollte, aber bei älteren Personengruppen nimmt dies dramatisch ab. Innerhalb dieser Gruppen haben Auto oder ein Apple freilich noch hohen Rang.

Diese Ergebnisse werden durch zahlreiche andere und weitere Studien durchaus gestützt, auch in Österreich. Es ist eine Art Sättigung zu beobachten, ein Wunsch (mehr ist es ja nicht, denn zur Lebensrealität klafft da ein ordentlicher Spalt) nach Rückkehr zu mehr Lebenssubstanz. Das ist freilich nicht überraschend. Überraschend wäre nur, wenn die Menschen Wege finden würden, ihre Ziele auch zu erreichen. Dann bekommen sie es nicht nur mit eingefahrenen Lebensgewohnheien zu tun, die ihren eigentlichen Wünschen widersprechen, sodaß das gelebte Leben sie von ihren Lebenszielen immer weiter entfernt, sondern vor allem mit der Politik. Die ihnen erklärt, daß sie besser anders würden, anders dächten und anders fühlten, als sie es tun. Daß sie damit ein Minderheitenprogramm spielt, interessiert sie eigentümlicherweise diesmal wenig. Es wird ihr zur Gefahr, die Menschen so leben zu lassen, wie sie es eigentlich wollen.




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