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Sonntag, 8. September 2013

Sprachzerstörung als Weltzerstörung

Solcherart kann sich in einer Sprache die Weisheit selbst als Verweiskraft auf das allem Seienden Zugrundeliegende der Wesensbilder, der einen Vernunft, mehr und mehr manifestieren. Die Sprache wird damit zur Anwesenheit, zur Inkarnation der Vernunft. Wird sie nicht in der Sprache konkret und verfestigt, verfließt diese Erkenntnis immer wieder, weil sie im Menschen, der sich über dem Nichts gehalten erfährt, keinen Halt fände. Sie wird selbst zu seiner Verfleischlichung als wesenhaft vom Geist Getragener.

Sprachen, die zu dieser Höhe gefunden haben, wie das Deutsche (oder das Griechische), sind damit die tragenden Fundamente einer hohen Kultur. Sie zu vernachlässigen, wegzuwerfen, zu entwerten, umzudeuten bedeutet die Auflösung dieser Kultur, und den Rückfall ins Zerfließende.*

Hinter dem Wort "Integration" steht etwas, das als Grundmangel bzw. -erfordernis zwar richtig empfunden wird. Aber auf kurzem Wege nicht bzw. nur zum Schein erreichbar ist. Ja, dem auf den derzeit beschrittenen Wegen klar die Eigenschaft eines trojanischen Pferdes beigemessen werden muß: mit dem wir uns selbst zerstören. Und zwar viel weitreichender, als es heutigem Denken präsent ist, weil bis in jede einzelne Persönlichkeitsstruktur hinein.

Nur als jemand, der als "anderer" begriffen wird, in aller Differenz und Distanz, aber auch in aller Unvereinbarkeit, die historisch und von Vielem bedingt gewachsen ist, kann das Fremde überhaupt integriert werden. Die Weichen dazu wurden schon vor Jahrzehnten politisch gestellt, sie sind irreversibel. Wir wollen es nur nicht zur Kenntnis nehmen, und jagen dem Scheinbild einer "Integration" nach, die es so gar nicht - nicht heute, nicht kurz-, nicht einmal mittelfristig - geben kann. Auch und schon gar nicht, indem man von Zuwanderern verlangt, rasch ihre Eigenarten abzulegen und sich im Mimikry-Verfahren "wie Heimische auszugeben".**




*Der willkürliche Umbau einer Sprache, das Aufgeben ihrer bereits vorgefundenen, gefestigten Strukturen, ist deshalb ein kulturzerstörerischer Akt allerersten Ranges. Denn damit zerfallen die Manifestationen des Menschen selbst, die Welt zerfällt. So wie im Gestus der scheinbar der Willkür ausgelieferten Sprache der Grundgestus lebt, die Welt selbst als wesenlos zu sehen. Alle Dinge beginnen folgerichtig zu zerfließen, die Manifestationsmöglichkeit des Einzelnen zerfällt damit, es bleibt der Selbstwerdung gleichfalls nur noch Willkür als verzweifelter Notgriff. Genau das beobachten wir heute.

**Es ist nur ein kleiner Hinweis auf das Gemeinte, aber doch auch aussagekräftig, wenn der Verfasser dieser Zeilen erzählt, daß er - in zweiter Generation mütterlicherseits vertrieben, "kunkelmagen"seits, wie es in einem uralten deutschen Wort heißt, denn "schwertmagen"seits ist er Österreicher, trat also ins neugegründete Haus des österreichischen Vaters ein, das schlesische verfiel, nach altem Recht - Schlesier nicht an ihrem Paß erkennt, sondern an der ihm gleichen Art, auf die Wirklichkeit zuzugehen. Und daran erkennt er sie regelmäßig und oft. In den Dingen, die sie mögen, ablehnen, wie sie denken und fühlen. Bewohner der Lausitz - sofern noch Alt-Schlesier - sind ihm auf (gar nicht so) geheimnisvolle Weise näher, als jeder Österreicher, er hat es mehrmals erlebt. Und das bei einer so "nahen" Kultur! Und das bei einem derartig hohen Integrationswillen, wie er den vertriebenen Schlesiern eigen war, sodaß das Schlesische als Dialekt, am Weg zu einer eigenen Sprache übrigens wie alle ostdeutschen bzw. ostländischen deutschen Dialekte ("Hoanzische Sprachgruppe"), dabei ist, völlig ins Vergessen abzurutschen. Auch die Mutter des Verfassers dieser Zeilen hat es nach der Vertreibung nie mehr gesprochen. Obwohl der Verfasser nie bereit war, sich in den Vertriebenenverbänden zu verankern - er spürt diese Wurzeln seiner Welthaltung, weiß um sie.
 




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