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Montag, 2. September 2013

Von relativen Vermögen

Es soll nur eine Randnotiz bleiben, aber es zeigt etwas: Es zeigt die wahre Natur der Reichtümer, deren die meisten der "Superreichen" geziehen werden, oder sich gar rühmen. Wie der Brasilianer Eike Batista, der schon verkündet hatte, er werde bald den reichsten Mann der Welt, den Mexikaner Carlos Slim, übertroffen haben. Nun ist binnen eines Jahres sein "Vermögen" von 33 Mrd. Dollar auf vielleicht noch 200 Millionen zusammengeschmolzen. Ein Vermögen, das zwar gerne von den Medien und immer neidbereiten Sozialstaatsgenossen aller Länder wie Eigentum angeschielt wird, solches aber nie war und ist. Die genauere Geschichte seines Aufstiegs und Falls bringt Die Welt.

Wie ist denn das passiert? Hat er zu oft den Pizzadienst kommen lassen, oder Garnelen auf Zucchinimus verspeist, mitternachts aus New York eingeflogen, oder seine Yacht zu üppig ausfallen lassen, es hätten auch 200 Fuß und KEIN Hubschrauberlandeplatz beim Pool getan? Oder hat er sich scheiden lassen, und die Anwälte seiner Ex haben ihn kräftig dabei barbiert? Ja, um die pikante Frage zu stellen, wie kam so ein Mann mittleren Alters überhaupt zu so einem Vermögen, zu so einem Reichtum? Das KANN doch nicht mit rechten Dingen zugegangen sein? Immerhin arbeitet unsereiner doch auch seine 40 Stunden in der Woche, mehr oder weniger redlich, und kann sich gerade zwei mal im Jahr Allinclusive in Antalya und alle drei Jahre den neuen Sharane, im Wechsel mit dem alten Modell, leisten, garantiert noch umweltfreundlicher?

Batista war reich, weil er sich mit gewisser Geschicktheit ein Unternehmensimperium zusammengekauft und -erhandelt hat, das vor allem von jenen zwei Faktoren lebte, von denen so gut wie jedes Unternehmen lebt: von der Zukunftshoffnung auf Erträge, und vom Glauben und der Gewinnhoffnung von Geldgebern, so wie jeder Bankkredit bei der Raika ums Eck auch nur darauf bezogen vergeben wird. Unternehmen, die ihre Gelder selber wiederum auf gleiche Weise "besitzen", wie Batista sein Vermögen besaß: als Möglichkeiten zur perennierenden Tätigkeit. Sodaß das eigentliche Geld dieser Vermögen in einem Punkt liegt: In der Macht, Geld zu bewegen, und in Bewegung zu halten. Und aus dieser Bewegung entsteht das, was man als Gewinn bezeichnet, oder als Verlust. Das ist Vermögen. Die Nähe des Wortes zu "Können", zu "Freiheit" ist nicht zufällig.

Niemals heißt es nämlich: es als Eigentum zu haben, dessen Wert noch dazu absolut wäre.

Ja, gewiß, sie fliegen eine vierstrahlige Rumpelkiste von Boeing mit handgenieteten Döckeldöschen neben dem Flauschbett, mit der sie rasch mal auf die Bahamas jetten, oder nach Cannes, um einen Cocktail zu schlürfen, den ihm sein jamaikanisches Dienstmädchen, das auf der Lohnliste einer seiner Kompanien als Sekretärin steht, mit unüberbietbarem Geschick in das Gläschen blubbert, nachdem sie in Hongkong über den Kauf eines neuen Tankers verhandelt haben. Aber das nur, weil und so lange diese Kosten im Rahmen der Bilanzen und Umsatzgrößen ihrer Firmen, die sie "besitzen", marginale Kostenfaktoren sind. Bei Milliardenumsätzen sind ein paar Millionen Aufwand für einen Jet zu vernachlässigen, und kümmern auch niemanden. Außer Rotseher.

Erst brach bereits im Vorjahr das Vertrauen in die Performance der brasilianischen Wirtschaft generell. Vom Sprung zum reichen Industrieland vermeintlich nur noch einen Katzensprung entfernt, sank das Wachstum des nationalen BIP von 7 % auf kaum noch 1 %, d. h. man kann von Stagnation sprechen. Von "Wachstum" zu sprechen ist bereits der Versuche, den heute fast wichtigsten Wirtschaftsfaktor, die Hoffnung, aufrechtzuhalten. Aber ab da beginnen sehr rasch Dynamiken zu wirken, die im Verbund mit Schulden privater und öffentlicher Hand eine wirkliche Abwärtsentwicklung sehr nahe kommen lassen.

Noch dazu lieferten Batistas Unternehmen bei weitem nicht jene Gewinne ab, die sich alle versprochen hatten, und die Batista allen versprochen hatte. Geld aus der gewaltigen Aufblähung der Geldmengen in den Industriestaaten seit 2008 ist besonders ungeduldig und renditegierig, das folgt aus seiner Natur, die nicht wertschöpfungsgedeckt ist. Das sich aus seiner Natur als "zukünftiges Geld" (das es erst ist) so rasch als möglich befreien, und gegenwärtig werden möchte weil muß. Und deshabl ist es besonders gern in die Schwellenländer geflossen. Dort war noch Hoffnung, dort war noch kaum abschätzbares Wertsteigerungspotential, vor allem in der dynamischen Differenz zu seinen Herkunftsländern. Vorerst. Kurzfristig. Batistas Vermögen war auf solchem Geld aufgebaut.

Auch aus anderen Berichten geht hervor, daß es vor allem die Pensionskassen und Privatanleger waren, die in Rohstoffe investiert haben. Um welche Dimensionen es sich handelt zeigt alleine das Beispiel China, dessen Pensionsfonds (es gibt in China keine allgemeine Rente) schon vor einigen Jahren alleine in den USA 300 Mrd. Dollar investiert hatten. 

Die Aktieninhaber (und auch die darf man sich nicht als reiche Fettbäuche auf den Bahamas vorstellen, sondern eben Fonds, Anlagegesellschaften, Banken oder Staaten, deren Lenker ohnehin gleich einmal glauben, cleverer als Private zu sein), die zuvor den Kurs und damit den Wert dieser Unternehmen hochgetrieben hatten, woraus dann Cleverburschen die Vermögen so mancher so beneidenswert hoch berechnet hatten, begannen, ihre Aktien abzustoßen. Deren Kurse sanken und sanken, Rohstoffe sanken allgemein, aus ähnlichen Gründen. Rohstoffe sind generell Anlagen mit hohem Risiko, aber damit höheren Gewinnaussichten, wenn man rasch genug ist.

Um die Unternehmenssubstanz zu stützen, weil sonst alles verloren gewesen wäre, mußte auch Batista folgen, und Anteile jener Unternehmen verkaufen, um diese zu retten. Woraufhin auch diese sanken. Und die letzten Geldgeber nervös wurden, und ihre Gelder - im wesentlichen zugesprochene Anteile am Vermögen, Geld zu bewegen, nicht es zu "besitzen", wie der kleine Maxi es sich vorstellt - zurückforderten.

Während die größten Unternehmungen Batistas, vorwiegend im Energiebereich (Offshore-Öl), nach wie vor und bei weitem nicht jene Erträge lieferten, mit denen alle gerechnet hatte. Worauf der "Wert" der Unternehmen aber beruhte - auf Hoffnung udn Zukunftserwartung, auf die Erwartung, daß die Unternehmenswerte damit noch weiter stiegen, und alle noch "reicher" würden ... Weil sie mit diesen "Vermögen" noch mehr Kredite lukrieren konnten, um weitere "Vermögen" zu erwirken.

Nun sagt natürlich niemand, daß Batista bei Sozialhilfe und halb abgebrannter Funzel seine Konserven auslöffeln wird müssen. Aber sein wirkliches privates Vermögen wird, davon kann der Leser ausgehen, um Größenordnungen unter dem liegen, was ihm zugedichtet wurde. In dessen Glanz auch er sich sicher einmal gerne gesehen hat, man ist ja doch Mensch.

Bill Gates ist der reichste Mann der Welt? Oder Warren Buffett? Wenn die Unternehmen, die Börsekurse jener Unternehmen, deren Anteilsscheine (Aktien) ihr Vermögen ausmachen, und deren Wert den Rückhalt dafür gibt, daß sie viel Geld bewegen weil mit "Vermögen" besichern können, wenn diese Unternehmen also schlechte Erlöse erzielen, wird auch ihr Vermögen raschest auf überschaubare Größenordnungen zusammenschmelzen. Selbst dann, wenn sie Aktien dereinst verkauft haben, um dann wirklich "Geld" auf der Bank liegen zu haben, müssen sie dieses Geld sofort weiter investieren, anlegen, und sei es in Immobilien oder eine Schnitzelburgerkette. Und tun dies auch. Aber alle Werte innerhalb dieser Welt sind relativ. Und die Werte, auf denen die "Vermögen" der Superreichen aufbauen, sind es erst recht. Das zeigt die Geschichte aller reichen Männer und Häuser, von den Fugger beginnend, bis zu den Batistas dieser Welt.*

Während die alten Häuser, die solide auf Immobilien und Sachwerte setzen, die sie in ihren Tresoren sammeln, mehr unter der Last stöhnen, ihr "Vermögen" nicht zu verlieren, von dem sie ohnehin nicht abbeißen können. Wer ein Schloß - um ein Beispiel zu nennen - besitzt, dessen Verkehrswert 50 Mio. beträgt, verfügt zwar über ein nominelles "Vermögen" von 50 Mio, aber er braucht jährlich 5, um seinen Wert zu erhalten, und muß hoffen, daß er auch nächstes Jahr einen Käufer findet, der diesen Wert überhaupt realisieren kann, sollte er es abstoßen wollen. Denn gerade "sichere" Werte - und das sind fast ausnahmslos Wertgegenstände, deren Nutzungswert (als "Wert für") weitgehend krisenunabhängig ist - bringen enormen Druck, jenen Aufwand zu erwirtschaften, den sie laufend benötigen, um nicht ins Nichts zu fallen. Ihre an Möglichkeiten etwas reichere Art, ihr Leben zu führen, ist dann auch das einzige, was man ihnen an Reichtum zumessen sollte. Als anders. Sonst nichts.

Gates, Buffet oder Batista werden gewiß nicht in Favelas ziehen müssen, obwohl es auch das schon gab. Gewisses Handvermögen werden auch sie haben, das gut gehandhabt relativ stabil bleibt und ihnen gewisse Lebensführung garantiert. Sind sie ungeschickt, fallen die Dinge plötzlich schlecht, verketten sich unglückliche Umstände, könnten sie schneller, als man glauben mag, darauf angewiesen sein. Und das wissen diese Leute, davon ist der Verfasser dieser Zeilen überzeugt.

Im wesentlichen reduziert sich aber das Tun der Superreichen auf das, was die Menschheit seit je - EINZIG - bewegte: Ruhm, Anerkennung, Fama, durch das, was sie bewegt haben. Das ist es, was auch von deren Leben bleibt. Vor solchen Menschen aber fürchtet sich der Verfasser dieser Zeilen nie. Er fürchtet sich vor jenen, die reich sein wollen, ohne die mühsamen und todesverachtenden Wege des Ruhms zu kennen. Vor jenen, die auf den Dehnfugen der "Vermögen" sitzen. Die keine Ahnung haben, wie Werte überhaupt entstehen, weil sie noch nie ernsthafte Werte geschaffen haben - die Ruhm brächten. 

Und das geht bis zu den Innehabern von Lebensversicherungen und Pensionsfondsanteilen. Oder Vorsitzenden so mancher internationalen Organisationen, die aus einfachen Verhältnissen durch die Umstände und gewisse Visionslosigkeit - pardon: Flexibilität - in hohe Positionen gerade solcher Zwischenreiche gespült wurden, die so oft das Vermögen anderer "verwalten", seine Bewegungskraft bestimmen. Wie in internationalen Organisationen, die "regeln" sollen. Und solche Leute gibt es leider genug, sie wachsen progressiv mit der Mechanisierung von Wertmechanismen, da muß man gar nicht bei einem IWF anfangen.**

Vor denen, die sich an "ihr" Geld und Gold krallen, weil sie meinen, das wäre es, das Vermögen, das sie auch gerne hätten. Und deren Verkaufsorder für ihre vergleichsweise mickrigen 50.000 Euro Aktien in Summe ein 33 Mrd. "Vermögen" binnen eines Jahres wegschmelzen lassen wie Softeis im heurigen Sommer. Vor jenen, die dann ihre Statistiken aufzäumen wie Zuckergebäck, um zu beweisen, wie ungerecht denn nicht die Welt ist. Denn sie verhindern dann gerne einmal, daß die Welt überhaupt noch bewegt wird. Wo dann, wie in Österreich, 60 % aller Arbeitnehmer in geschützten und künstlich aufgebrezelten Bereichen sitzen, in doppeltürmigen Kathedralen der Moderne mit doppelten, garantiert moralinhältigen Scheiben, durch die schon viele Jahre und Generationen kein Wind der Wirklichkeit mehr gedrungen ist. Die aber den anderen erklären und vorschreiben, wie die Welt denn zu sein habe.



*Und, geneigter Leser, wissen Sie, woher sich das am besten ersehen läßt, wer da der beste Lehrmeister ist? Die Staaten. Jeder Unternehmer kann aus den umfassenden Tricks, mit denen Staaten ihre "Vermögen" gut dastehen lassen, nur lernen. Wäre er so skrupellos. Und vor allem hätte er früher als die Staaten Probleme mit den Gesetzen der Wahrhaftigkeit, die immer noch Kriterium der Wirtschaftsgesetze sind, die ja genau diese Wahrhaftigkeit so gut es geht schützen wollen.

**Geschichten wie jene von Strauss-Kahn, wie sie jetzt nach und nach auch publik werden, sind da keinesfalls die Ausnahme. Sie sind typisch.





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