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Samstag, 14. Dezember 2013

Die Sache des Volkes

Es wäre aber, schreibt Henri Pirenne, völlig falsch gedacht, die Auseinandersetzungen zwischen Papst und Kaisertum, die sich das ganze 12. und 13. Jhd. hinzogen und mit wesentlich für den Aufstieg Frankreichs war, als einzige verbliebene Schutzmacht der Kirche. Wer so denkt, schreibt der Belgier, trägt heutiges Denken in eine Zeit hinein, die völlig anders dachte, und folgt nicht einmal den greifbaren Tatsachen. Keineswegs waren nämlich die Kaiser die Verteidiger der Freiheit der Menschen, die die Kirche zu beschneiden dachte - es war nachgerade umgekehrt, auch wenn es die Geschichtsschreibung der Neuzeit gerne anders darstellt.

Wenn sich die Päpste gegen das Kaisertum stemmten, so keineswegs aus Machtversessenheit, sondern weil sie tatsächlich die Freiheit der Religion - und damit des gesamten Lebens, denn der Mensch des Mittelalters war tief religiös - gegen weltiche Absolutheitsansprüche verteidigten. Denn was sich in Friedrich Barbarossa, was sich in Heinrich VI., und dann vor allem in dessen Sohn Friedrich II., aber nicht weniger bei deren Kontrahenten wie Otto IV., eindeutig ablesen läßt war deren Tendenz, eine Machvollkommenheit und Kaiserherrlichkeit aufzubauen, die sich am Zentralismus der Kaiserzeit des antiken Rom, noch mehr aber fast am orientalischen, der Vergötterung nahen oder gar mit ihr in eins fallenden Despoten orientierte. Mit denen sie durch die Kreuzzüge in direkten Kontakt kamen. Diesen Herrschaftsanspruch wollten die Kaiser damit auch auf die Kirche und die Religion ausdehnen, wie es im Orient der Fall war.

Die Päpste dieser Zeit vertraten also die Sache des Volkes, und das wurde auch vom Volk so gesehen. Die Verbündeten des Kaisers waren entsprechend gerade nicht jene, die ums Volkswohl bemüht waren, sondern wie bei den Städten jene, die nur ihre persönlichen Vorteile sahen.

Aber mehr noch: Der Streit um den Rang des Kaisers und den des Papstes, um die Investitur von Bischöfen und deren Rang im Reichsgefüge, muß sogar als Streit innerhalb der Kirche aufgefaßt werden. 

Aber es war letztlich die politische Sache Frankreichs, ihr Sieg bei Bouvines 1214, der die Freiheit der Kirche UND die Freiheit der europäischen Staaten (durchaus im heutigen Sinn: die Niederlage Englands und Otto IV, des Welfen, stärkte in England Volk und Adel, was die Magna Charta brachte) sicherte. Eine Entwicklung, die schließlich in Napoleon endete, der das Ende des Kaisertums universaler Prägung brachte. Dessen Todesstoß damit bereits im 13. Jhd. erfolgte. Wo das Reich zum "Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation" herabsank. Die einzige universale Macht, die übrigblieb, war das Papsttum.

Und mit ihm ... stieg das internationale Geldwesen auf.




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